Yes we care!, sagten 30.000 Menschen am Sonntagabend mit einem Lichtermeer rund um die Wiener Innenstadt. Yes we care!, meinten noch viele, viele mehr, als sie Lichter in ihre Fenster stellten und so der Millionen Corona-Todesfälle weltweit gedachten. Es war ein stilles und trotzdem starkes Zeichen. Und auch wenn die Organisatoren bemüht waren zu versichern, dass es sich um keine "Gegendemo" zu der tags davor stattgefundenen krawalligen, übergriffigen und teils auch gewalttätigen Veranstaltung der Corona-Leugner, Schwurbler und Impfgegner handelte – letzten Endes war es genau das. Das ist gut so. Noch besser ist, dass die Lichtermeer-Proponenten überlegen, dieses Gedenken nun monatlich zu veranstalten.

Das wäre ein wichtiges Signal: für die schweigende Mehrheit derer, die sich impfen und boosten lassen und nicht verstehen, welche ideologischen Grabenkämpfe da plötzlich unter dem Banner der "Freiheit" und im Namen des "Volkes" ausgefochten werden; und für die grölende Minderheit, die glaubt, das Recht auf Protest heilige alle Mittel, und wenn man nur laut und rücksichtslos genug sei, werde man sich schon durchsetzen.

In großen Teilen Afrikas fehlt es an Impfstoffen.
Foto: AFP

Spätestens seit wir wissen, dass sich in naher Zukunft eine wahre Omikron-Infektionswand vor uns aufbauen wird, wäre es angebracht, einmal kurz über den Tellerrand zu blicken – solange das noch möglich ist. Vor allem jenen, denen es so wichtig ist, dass sie nicht mit rechten Hetzern in einen Topf geworfen werden, weil sie ja aus Achtsamkeit ihrem Körper gegenüber gegen die Impfung sind, sei gesagt: Vergesst vor lauter Nabelschau nicht, dass ganze Kontinente noch nicht geimpft sind. Das wird, wenn euch schon das Elend auf fremden Erdschollen nicht kümmert, langfristig auch Auswirkungen auf eure achtsamen Körper haben.

Fünfte Boosterimpfung

Je öfter das Virus den Erdball umrundet, desto stärker wird es mutieren. Und dann, irgendwann, wird es nichts mehr nützen, von Delta genesen und von Omikron verschont worden zu sein; dann wird es schon die dritte, vierte und fünfte Boosterimpfung brauchen, um die Pandemie endlich zu stoppen und den endgültigen Zusammenbruch der Weltwirtschaft zu verhindern.

Glücklich, wer dann diese (Gratis-)Impfung gleich bekommt, glücklich auch, wer im Erkrankungsfall von einem leistungsstarken, solidarischen Gesundheitssystem aufgefangen wird. Die meisten Bewohner Afrikas, zum Beispiel, sind nicht so glücklich dran. Es fehlt an allem, auch an Impfstoffen. Wer gegen die "Übermacht der Pharmaindustrie" protestieren will, lege das Samstagsdemo-Transparent beiseite, setze die Maske auf und stelle sich an die Seite der WHO. Die Weltgesundheitsorganisation der Uno kämpft nämlich gerade dafür, dass die Impfpatente für diese Länder freigegeben werden. Die EU ist übrigens dagegen, Österreich sowieso, wie Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck Sonntagabend in der "ZiB 2" ausführte – im Sinne "europäischer Familienbetriebe". Diese Sichtweise bleibt weit unter dem Tellerrand: Immerhin stecken fast 100 Milliarden Euro an öffentlichen Geldern in der Impfstoffentwicklung, die Impfstofftechnologien wurden zum überwiegenden Teil an öffentlichen Universitäten entwickelt.

Protestmöglichkeiten gäbe es genug. Man muss nicht gemeinsam mit Randalierern seine Befindlichkeiten pflegen. (Petra Stuiber, 20.12.2021)