IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi führt die Überwachungskamera vor.

Foto: Imago / Ghuo Chen

Am Ende der siebenten Runde wollten die einen aufhören und die anderen noch weitermachen. Es war die iranische Delegation, die am Freitag die Unterbrechung der Wiener Verhandlungen über den Atomdeal veranlasste. Wenn es nach EU-Koordinator Enrique Mora ginge, dann begänne Runde Nummer acht noch in diesem Jahr, nach den Weihnachtsfeiertagen. Sogar der 23. oder der 24. Dezember stand kurz für ein Treffen im Raum. Realistisch ist: Ab 27. Dezember könnten die Arbeitsgruppen weitermachen, ab 3. Jänner die politischen Delegationen.

Mora, der die Unterbrechung "enttäuschend" nannte, machte in einer Pressekonferenz am Freitag klar, dass man noch "Wochen" zur Verfügung habe. Das heißt: keine Monate mehr. Der durchklingende Pessimismus steht im Kontrast zu iranischen Aussagen. Der Delegationsleiter, Vizeaußenminister Ali Bagheri Kani, sprach in einem Tweet von "gutem Fortschritt". Die nächste Verhandlungsrunde könnte, wenn die anderen Beteiligten denn wollten, auch die letzte sein, sagte er. Iranischen Medien gegenüber beschuldigte Bagheri die Europäer, absichtlich miese Stimmung zu verbreiten, um ihre eigenen Versäumnisse zu übertünchen.

Den "technischen Fortschritt" bestätigten aber auch die E3 – Großbritannien, Frankreich und Deutschland –, er habe jedoch die Verhandlungen lediglich näher an den Punkt gebracht, an dem sie im Juni, nach der iranischen Präsidentschaftswahl, abgebrochen wurden. Das ist kein positives Resümee, war doch zu Beginn der siebenten Runde am 29. November zumindest nach außen Optimismus verbreitet worden, dass man an die Ergebnisse der Verhandlungen von April bis Juni anschließen können würde.

Rettung des Atomdeals

Auch aus Sicht der USA läuft es "nicht gut", wie Sicherheitsberater Jake Sullivan in einer Videoveranstaltung des U.S. Council on Foreign Relations am Freitag feststellte. Zur Erinnerung: Es geht um die Wiederbelebung des Wiener Atomabkommens mit dem Iran aus dem Sommer 2015. Der JCPOA (Joint Comprehensive Plan of Action) verfügte Beschränkungen und strenge Kontrollen über Irans Urananreicherungsprogramm, im Gegenzug wurden die im Lauf des Atomstreits verhängten Wirtschaftssanktionen gegen den Iran aufgehoben.

Der Austritt der USA unter Präsident Donald Trump im Mai 2018 brachte den Atomdeal jedoch praktisch zum Kollabieren. 2019 begann Teheran Beschränkungen zu verletzen – und reichert heute Uran statt der erlaubten 3,67 auf 60 Prozent an. Bei den Wiener Verhandlungen geht es darum zu erreichen, dass die USA in den JCPOA und der Iran zu dessen Einhaltung zurückkehrt. Die USA und der Iran verhandeln in Wien jedoch nur indirekt, die Europäer fungieren als Zwischenträger.

Ergebnisse vom Juni

Ab Jänner wird man also auf der Grundlage eines Entwurfs verhandeln, auf den man sich im Wesentlichen im Juni geeinigt hatte, in den nun jedoch neue iranische Positionen eingeflossen sind. Das heißt nicht, dass diese schon akzeptiert sind: Es gebe keine "Einigung", sagen Diplomaten. Über Irans weitreichende Forderungen, was die Aufhebung der US-Sanktionen betrifft, hat man noch gar nicht verhandelt, meldet Politico. Teheran hat vor Verhandlungsbeginn klargemacht, dass es alle Sanktionen aufgehoben haben will, nicht nur jene, die explizit im Zusammenhang mit dem Atomprogramm verhängt wurden.

Den Verhandlungen über die Rettung des JCPOA droht auch ständig Ungemach von anderer Seite: durch die Probleme, die die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bei ihren Inspektionen im Iran hat. In den IAEA-Berichten festgehaltene Unstimmigkeiten drohen eine Iran-kritische Resolution des IAEA-Gouverneursrats, die sogar zu einer Befassung des Uno-Sicherheitsrats führen könnte, zu veranlassen. Das wäre aus iranischer Sicht das Ende der Wiener Verhandlungen.

Neue Kameras

Eines der Probleme wurde vergangene Woche immerhin gelöst: Die IAEA hat sich mit Teheran geeinigt, die Überwachungskameras in einer Produktionsstätte für Zentrifugenteile in Karaj zu ersetzen. Eine von vier wurde laut iranischen Angaben im Juni durch israelische Sabotage zerstört, drei andere danach von den Iranern entfernt. Das heißt, von da an gab es keine Aufzeichnungen aus der Anlage. Auch Produktion und Einsatz von Zentrifugen – mit ihnen wird Uran angereichert – unterliegen Beschränkungen, die der Iran verletzt, genauso wie die JCPOA-Inspektionsregeln.

IAEA-Chef Rafael Grossi hatte zu seiner Pressekonferenz am Freitag eine Überwachungskamera mitgebracht und versuchte die iranische Behauptung zu widerlegen, die Kameras könnten gehackt werden: Sie seien von der IAEA versiegelt und nicht mit einem Computer verbunden. Die Überwachungslücke, die nach dem Wegfall der Kameras seit Juni entstanden sei, könnten die IAEA-Inspektoren schließen, versicherte Grossi. (Gudrun Harrer, 21.12.2021)