Zehntausende Menschen machten sich am Sonntagabend in die Wiener Innenstadt auf, um Teil des Gedenkens an die Corona-Opfer zu sein.

Foto: Heribert Corn

Ausgestattet mit brennenden Kerzen und sonstigen Lichtquellen versammelten sich am Sonntagabend zehntausende Menschen auf dem Wiener Ring und hielten eine Schweigeminute ab. Unter dem Motto #YesWeCare wurde der tausenden Corona-Toten gedacht und ein Zeichen der Solidarität an das Krankenhauspersonal ausgeschickt. Die Polizei sprach von 30.000 Teilnehmern, am Montag gab sie via Twitter bekannt, dass es sich dabei um eine "erste Schätzung" handle. Man gehe inzwischen von "weit mehr als 30.000 Personen aus".

Die beiden Initiatoren des Lichtermeers, Daniel Landau und Roman Scamoni, sind überwältigt von dem Zuspruch. "Ich bin heute Morgen nach nur zwei Stunden Schlaf aufgewacht und habe die Energie noch immer gespürt", sagt Landau am Montag zum STANDARD. Schon Tage vor der Kundgebung sei diese Energie entstanden, es hätten sich viele Menschen solidarisiert und mitgeholfen, damit das Gedenken stattfinden kann, so Landau. Im Vordergrund sei gestanden, miteinander etwas erreichen zu wollen. In Hinblick auf das zukünftige Zusammenleben werde es "nicht anders gehen". Ziel sei es gewesen, vom Gegeneinander ins Miteinander zu kommen. Nicht "Gut gegen Böse" sollte es heißen, sondern "sowohl als auch". Kollektive Trauer sei ermöglicht worden, und gleichzeitig habe man auch einen Raum dafür geschaffen, Danke sagen zu können.

Viel Unterstützung

Landau ist kein Unbekannter, was das Überwinden von Vorurteilen betrifft. Der ehemalige AHS-Lehrer setzte sich bislang hauptsächlich für ein Miteinander im Bildungswesen ein, war etwa 2011 Mitinitiator des Bildungsvolksbegehrens. Er ist der Bruder von Caritas-Präsident Michael Landau, der ebenfalls am Lichtermeer teilgenommen hat.

Vertreter aller großen Glaubensgemeinschaften in Österreich und auch die Regierung unterstützten die Aktion. Dass kein Minister oder keine Ministerin anwesend war, ist laut Landau verständlich und nachvollziehbar. Schließlich sei die Kundgebung auch immer als Appell an die Bundesregierung gedacht gewesen. Die Regierungsmitglieder seien adressiert worden. Landau ist auch überzeugt, dass das Lichtermeer der Regierung als Inspiration dienen sollte. Kampagnen, die das Verbindende in den Vordergrund stellen, seien nun gefragt. Die Angst vor Vereinnahmung durch die Regierung hatte er nicht, auch wenn Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sich öffentlich für die Kundgebung aussprach. Vereinnahmen könne man sich nur lassen, wenn man dies auch zulasse, so Landau.

Fortsetzung offen

Besonders wichtig ist den Initiatoren, dass die Ärztekammer die Aktion unterstützt hat. Landau habe Ärzte gefragt, ob es sicher sei, ein solches Lichtermeer umzusetzen. Im Freien, mit Maske und für eine kurze Dauer – an diese Empfehlungen habe man sich gehalten.

Wird es nun weitere Lichtermeer-Kundgebungen geben? Die Resonanz sei groß, und man müsse schauen, wer das organisieren könne, so Landau, der sich auch künftig unterstützend einbringen möchte. Ideen gebe es viele. So stehe etwa im Raum, Kundgebungen auch in den Landeshauptstädten zu organisieren. (Rosa Winkler-Hermaden, 20.12.2021)