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Einige wenige besitzen den Großteil aller Bitcoin und sind für die Produktion verantwortlich.

Foto: Dado Ruvic

Bitcoin und anderen Kryptowährungen haftet bei vielen Befürwortern das Image an, sie seien eine dezentrale und gerechtere Alternative zum bestehenden Finanzsystem. In der Tat hat sich das größte und älteste Krypto-Asset der Welt bisher als erstaunlich robust erwiesen, was Verbotsfantasien von staatlicher Seite, etwa in China, Indien oder Russland, betrifft. In der Praxis hält die Vision vom gerechteren Finanzmittel aber nur bedingt, wie eine umfangreiche Analyse von Wissenschaftern der London School of Economics & Political Science sowie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) zeigt.

Die oberen 0,01 Prozent

Laut der Studie, die Bitcoin-Transaktionen, -Adressen und Mining-Aktivitäten in noch nie dagewesenem Detail untersuchte, kontrollieren 0,01 Prozent der Bitcoin-Besitzer 27 Prozent der verfügbaren Reserven. Damit steht die Kryptowährung deutlich schlechter als der gerade in der Krypto-Community kritisierte Dollar da. Denn in den USA ist ein Drittel des Dollarvermögens zumindest auf ein Prozent der Bevölkerung verteilt – eine Zahl, die ebenfalls viele schockierte.

Die Tatsache, dass 10.000 Accounts fünf der 19 Millionen derzeit verfügbaren Bitcoin kontrollieren, mache die Kryptowährung anfällig für systemische Risiken, folgern die Forscher. Dazu zählen etwa Preismanipulationen, wie sie auch in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zu beobachten waren – sei es bei enormen Anstiegen oder bei diversen Abstürzen. Verschärft wird das Problem durch die mittlerweile ähnlich unausgewogen verteilten Produktionskapazitäten.

Ein Arbeiter kontrolliert das Equipment einer riesigen Mining-Fabrik in Texas.
Foto: LARS HAGBERG/AFP

Konnte in den Anfangstagen praktisch jeder mit ein bisschen PC-Power Bitcoin schürfen, sind die technischen Anforderungen inklusive Energieverbrauch mittlerweile so gestiegen, dass die Erstellung neuer Bitcoin ebenfalls in der Hand ganz weniger liegt. Fast 50 Prozent der Mining-Kapazitäten werden von 0,1 Prozent aller Miner beigesteuert. Die obersten zehn Prozent kontrollieren 90 Prozent der gesamten Bitcoin-Produktion, haben die Forscher analysiert.

Goldgrube für wenige

Abgesehen von systemischen Risiken – für eine folgenschwere Attacke müsste ein Verbund von Minern über 51 Prozent aller Produktionskapazitäten verfügen und diese gezielt in betrügerischer Absicht einsetzen – fokussieren die Wirtschaftsforscher auch auf die Vermögensverteilung. Da die Mehrheit des Bitcoin-Vermögens in der Hand ganz weniger liege, werde auch der in Zukunft zu erwartende Profit unverhältnismäßig wenigen zuteilwerden.

Die direkten Vergleiche mit dem Dollarvermögen sind insofern mit Vorsicht zu genießen, als die gesamte Marktkapitalisierung von Bitcoin im Vergleich zu anderen Wertklassen weiterhin gering ist. Kryptobefürworter argumentieren, dass auch Kleinanleger mit Investitionen deutlich mehr Profit machen können, als wenn sie auf traditionelle Anlagestrategien beschränkt sind. Dass das kurzfristige Risiko durch die enorme Preisvolatilität ebenfalls weitaus höher ist, muss dabei aber berücksichtigt werden.

Deutlich weniger kriminelle Aktivitäten als behauptet

Abgesehen von der Verteilung von Bitcoin-Vermögen und Mining-Kapazitäten konnten die Forscher allerdings auch einen weiteren Mythos entkräften, der immer wieder auch von Finanzbehörden angeführt wird, um den Handel von Kryptowährungen unter Pauschalverdacht zu stellen. Die Analyse, für die erstmals alle Bitcoin-Transaktionen ausgewertet wurden, habe ergeben, dass nur drei Prozent aller Transfers auf illegale bzw. betrügerische Aktivitäten zurückzuführen seien. (Martin Stepanek, 21.12.2021)