Verstappen bedankte sich explizit noch einmal bei Teamkollegen Perez und hofft auf eine Fortsetzung des Duells mit Hamilton.

Foto: Servus TV / Neumayr / Leo

Marko sah über die Saison sowohl Red Bull als auch Mercedes benachteiligt und forderte klare Entscheidungen der Rennleitung.

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Über das kontroversielle Herzschlagfinish in der Formel-1-WM 2021 wird noch lange – sicherlich da wie dort auch hitziger – diskutiert werden. In dem epischen Finale am 12. Dezember auf dem Yas Marina Circuit in Abu Dhabi hat Max Verstappen im finalen Sprint auf der letzten Runde seinen Rivalen Lewis Hamilton in die Knie gezwungen und seinen ersten WM-Titel fixiert. Nachdem sämtliche Proteste von Mercedes aus dem Weg geräumt worden waren und ein drohendes Nachspiel vermieden worden war.

Über vier Stunden hatte Verstappen auf das offizielle Ergebnis warten müssen. Selbst dann war noch nicht klar, ob Mercedes weiter Protest einlegen wird. Helmut Marko giftete jedenfalls in Richtung Mercedes. Es spreche "für die Gesinnung eines, ich würde sagen, unwürdigen Verlierers, wenn man solche Einsprüche und Proteste einlegt. Widerlich", sagte der Motorsportberater von Red Bull.

Zurückrudern

Am Montag waren sowohl Marko als auch der neue Weltmeister zu Gast bei "Sport und Talk aus dem Hangar-7" und schlugen versöhnliche Töne an. "Das hat sich aus der ganzen Situation über die Saison hin aufgeschaukelt. Im ersten Moment ist die Wortwahl vielleicht etwas überzogen", befand Marko.

Auch Verstappen stichelte nicht weiter in Richtung Hamilton. "Am Ende war es okay. Natürlich haben wir unsere Momente gehabt und waren vielleicht aufeinander böse. Wir hatten aber auch schöne Duelle und Überholmanöver. Der Respekt ist also immer noch da", sagte der 24-jährige Niederländer, der von Marko als 17-Jähriger zur Scuderia Toro Rosso geholt worden und zum jüngsten Formel-1-Piloten der Geschichte avanciert war.

Tohuwabohu

Marko nahm die Gelegenheit wahr, den in der Kritik stehenden australischen Renndirektor Michael Masi zu verteidigen. "Jetzt hacken sie alle auf den Masi ein. Der hat vielleicht zehn Sekunden, um zu entscheiden. Der Toto redet hinein, der Horner auch. Die reden ununterbrochen. Das gehört abgeschirmt. Jemand soll diese Messages aufnehmen und weitergeben. Masi muss ohne Einflussnahme frei entscheiden", sagte Marko.

Dabei ging es um die übergeordnete Autorität des Rennleiters. Masi hatte das Rennen noch einmal freigegeben, wollte verhindern, dass es nach dem Crash von Williams-Pilot Nicholas Latifi hinter dem Safety-Car von Bernd Mayländer zu Ende geht, wodurch Hamilton freilich zum achten Mal Weltmeister geworden wäre. Zudem sorgten die Formulierungen und Auslegungen der Begriffe "any" und "all" für Verwirrung. Schließlich durften sich nur fünf von acht Wagen vor dem ultimativen Showdown zwischen Hamilton und Verstappen zurückrunden. Mit seinem zehnten Saisonsieg hat letztlich Verstappen den Titel in trockene Tücher gebracht.

Benachteiligungen

Marko wies am Montag aber erneut darauf hin, dass Red Bull über die Saison in manchen Situationen benachteiligt worden sei. Es habe aber auch Entscheidungen gegeben, die zulasten von Mercedes gegangen seien. Marko forderte daher klare Entscheidungen der Rennleitung: "Die Stewards müssen sich klarer und verständlicher ausdrücken. Man muss wissen, wenn ich das mache, bekomme ich jene Strafe." Nach seiner Ansicht muss das "gesamte System überdacht", die Regeln vereinfacht werden. Das Rennfahren ("Let's race") müsse im Mittelpunkt stehen.

Die gröbsten Spannungen zwischen Marko und Mercedes-Teamchef Toto Wolff dürften ad acta gelegt sein. "Auf Urlaub fahren wir nicht zusammen. Er macht einen tollen Job. Und ich versuche, für uns das Beste herauszuholen. Und dann gibt es hier und da Konfliktpunkte", räumte Marko ein.

Schwärmereien

Der 78-Jährige nützte die Gelegenheit, von den Fähigkeiten seines Schützlings zu schwärmen: "Es geht einem das Herz über, Max in einem Auto zu sehen, das er so gekonnt am Limit bewegt. Er ist zweifelsohne der beste Fahrer, mit dem ich je zusammengearbeitet habe. Vom Speed, Talent und seinem Willen ist er einzigartig."

Verstappen bedankte sich noch einmal artig bei Teamkollege Sergio Perez, der Hamilton zwei Runden lang aufgehalten hatte: "Er hat am Ende das Rennen für uns entschieden, weil Mercedes dann keinen Stopp mehr machen konnte. Ohne Checo wäre ich nicht Weltmeister geworden", sagte der Niederländer, der berichtet, dass er in der letzten Runde mit einem Krampf zu kämpfen hatte. "Das war nicht so super. Als ich Vollgas gegeben habe, hat es wehgetan. Aber in der letzten Runde einer WM ist es egal."

Verstappen hofft nun, dass Hamilton seine Rücktrittsgedanken nicht weiterverfolgt. "Normalerweise muss er zurückkommen." Sein Hunger ist jedenfalls längst nicht gestillt. "Mit dem Titel ist mehr Ruhe da. Mein Traum war immer, die WM einmal zu gewinnen. Alles, was jetzt kommt, ist ein Bonus. Aber beim ersten Rennen will ich wieder gewinnen." (honz, 21.12.2021)