In Sachen Dankbarkeit und Hilfsbereitschaft lässt sich eine Art freiheitlicher Jahreszyklus orten: Zu Ostern geht es ins Altenheim, am Muttertag dankt man den aufopferungsvoll doppelt belasteten Frauen für ihre Tätigkeit zur Reproduktion des Volkes und kurz vor Weihnachten kommt die rechte Mildtätigkeit so richtig in Fahrt.

Zwischen diesen Terminen ist wenig spürbar von Großmut und Gutmenschentum. Wordings wie „Gender-Unfug“, „kriminelle Ausländer“ und „Regenbogenpropaganda“ erzählen Geschichten von Paranoia und Feindseligkeit. Denn die Rechten haben es nicht leicht: Es sind ja nicht nur die Fremden, Ausländer, Muslime, Globalisten, die von „außen“ kommend die Bevölkerung austauschen und das Abendland islamisieren wollen. Der Feind lauert im Inneren, „die Unsrigen“ sind bedauerlicherweise nur zu einem ganz kleinen Teil der rechten Sache dienlich, die meisten sind als Emanzen, Kommunisten, Antifa-Extremisten, Gutmenschen, Radfahrer und Sozialschmarotzer wenig hilfreich für die Rettung des Volkskörpers.

Freiheitliche Gutmenschen

Man kann die Uhr danach stellen: Jedes Jahr zum Nikolo wird die Verschwörungserzählung, Muslime wollten den österreichischen Kindern den Weihnachtsmann wegnehmen, bedient, um gleichzeitig den protofaschistischen Krampus zu feiern. Demnach sind „Multikulti-Anpassung“ oder „falsche Rücksichtnahme“ vor allem eines: Gewalt an zarten Kinderseelen.

Gut, dass es die freiheitlichen Gutmenschen gibt, die nur Gutes im Sinn haben. Denn um das wahlwillige Volk bei Laune zu halten, bedarf es nach der Feindbildpflege auch der Versicherung, dass man immerhin ein paar Leute am Leben lassen würde, insofern sie denn den blauen Kurs einschlagen. Und wie herzerwärmend und liebevoll dieses neue Leben aussehen könnte, das zeigt vor allem die weihnachtliche Caritas – die in diesem wie in jedem Jahr kurzzeitig entfacht.

Wir haben darüber bereits zu Jahresbeginn ausführlich berichtet: Ob Mensch oder Tier zu Empfangenden milder Gaben werden, letztlich geht es nicht um die Beschenkten, die eigentlichen Adressaten blauer Hilfsbereitschaft sind die Spenderinnen und Spender, die „freiheitliche Familie“. Garniert mit zahlreichen Selfies, Herz-Emojis und Katzenfotos. Der „herzliche Dank“ wird zum Mantra, Weihnachten möge „kuschelig und erholsam“ werden, denn: „Die Freude zu spenden und der Zusammenhalt der Menschen, speziell in diesen schwierigen Zeiten, ist in Worte kaum zu fassen.“ Bitte was? Rechte trauen einander kaum über den Weg, da ist wohl der Wunsch die Mutter des Gedankens.

Gerade zu Weihnachten wird gerne gespendet, auch von rechtsaußen.
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Dankbare Indienstnahme

Die Indienstnahme sozialer Einrichtungen für freiheitliche Propaganda bleibt derweil unwidersprochen. Spenden, ob monetär, sächlich oder in Form von Zeit, sind vielerorts gerne gesehen. Sie kompensieren die unterdurchschnittliche finanzielle Ausstattung vieler Angebote und täuschen für einen Moment darüber hinweg, dass Armut System hat und sich weder durch nette Gesten noch durch Sozialarbeit bekämpfen lässt.

Insbesondere professionelle Anbieter von Wohnungslosenhilfe in ganz Österreich werden immer wieder mit kleineren freiheitlichen Spenden bedacht, was ausführlich in sozialen Medien dokumentiert wird. Auf Rückfrage im August 2021 heißt es aus der Wohnungslosenhilfe bei B37 (Linz) und Caritas (Wien), man wolle sich zwar von freiheitlichem Gedankengut distanzieren, freue sich zugleich über Spenden und nehme sie darum an. Stellungnahmen anderer bedachter Vereine liegen derzeit nicht vor.

Die punktuelle Wohltat wird also abgelöst von Abschiebefantasien, Sozialdarwinismus, Chauvinismus, Coronaverharmlosung, Verschwörungsmythen, Hetze und Spaltung, die über das gesamte übrige Jahr dominant vorgetragen werden. Die Anerkennung der kleinen Weihnachtsspende steht damit für den Sieg der Menschenfeinde über die Menschenfreunde, haben sie es doch geschafft, deren tatsächliche Gutherzigkeit geschickt für sich zu nutzen.

Wer sich für Schwache einsetzt, kann ja nicht schlecht sein

Felix Benneckenstein schreibt, dass derartige Aktivitäten eine Zwickmühle entstehen lassen, denn sobald Rechte „ihr Spendenvorhaben öffentlich kundtun, liegt der Ball beim Spendenempfänger. Reagiert man überhaupt nicht, erweckt man den Eindruck, die Unterstützung durch Rechtsextremisten zu begrüßen. […] Öffentlich auf eine derartige Aktion zu reagieren kostet Zeit, Nerven und Personal. Deshalb auf eine öffentliche Auseinandersetzung zu verzichten ist jedoch ein fataler Fehler.“

Denn solche singuläre Wohltätigkeitsaktionen werden in den sozialen Medien ausgiebig dokumentiert – letztlich zulasten des sozialen Trägers, denn der wird für die Indienstnahme rechtsextremer Politiken instrumentalisiert und die “freundliche“ Spende steht kommentarlos zwischen rassistischen, sozialchauvinistischen und antifeministischen Statements. Die menschenverachtende Geisteshaltung der Spender ist unvereinbar mit Ethik und Selbstverständnis von professionellen Hilfsangeboten. Man arbeitet nach einem ganz primitiven Prinzip: „Wer sich für vermeintlich ‚Schwache‘ einsetzt, kann nicht ‚schlecht‘ sein“, resümiert Benneckenstein.

Natürlich ist öffentlich inszenierte spontane Hilfe kein genuin rechtes Phänomen – die bürgerliche Mitte beruhigt schließlich jedes Jahr zu Weihnachten ihr Klassengewissen und sichert die soziale Ordnung mit Spenden und Rührseligkeit ab. Doch genügen diese Einschränkungen zur Akzeptanz des freiheitlichen Treibens? Nein, sicher nicht. Genügen diese Einschränkungen, um zu erklären, warum Vereine sich in Dienst nehmen lassen? Nein, ebenfalls nicht. Die Annahme rechter Spenden hilft der „Zielgruppe“ in einem so viel geringeren Ausmaß als sie den Freiheitlichen selbst nützt. So werden Caritas und Co instrumentalisiert und unterstützen unfreiwillig Politiken, die die Arbeit und die Klientel unterm Jahr ignorieren, verachten, sabotieren.

Voribilder gegen rechte Wohltätigkeit

Sollten derartige Dilemmata also in der frohen Weihnachtszeit auftauchen, möchten wir ein paar sachdienliche Hinweise aus der Praxis anderer Organisationen geben, die öffentlichkeitswirksam rechte Wohltätigkeit zurückgewiesen haben und so als Role Models dienen können: Die „Tafel“ Sachsen verweigerte 2014 Pegida die Zusammenarbeit, als diese einen Euro pro Demonstrant spenden wollten. In einer Begründung hieß es, man versorge eben auch Menschen, die zu den Feindbildern Pegidas gehörten und man könne deren Ausgrenzung nicht dulden.

Nach einer Spende von Rechtsaußen an ein Kinderhospiz 2016 überwies dieses das Geld umgehend zurück, machte eine öffentliche Erklärung dazu und spendete überdies 1.000 Euro an die Aussteigerinitiative EXIT-Deutschland. In aller Deutlichkeit wurde festgehalten, „dass es bei der angesprochenen Spendenaktion offenkundig darum geht, eine politische Haltung über ein vorgeschobenes Engagement für unseren Verein einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“

Der Verein Berliner Obdachlosenhilfe erhielt 2017 Kleidung gespendet, die mit einschlägigen rechtsextremen Slogans und Symbolen bedruckt waren. Daraufhin nahmen sie in den sozialen Medien Stellung: „Für uns gehört das Bekämpfen von rechtem Gedankengut zu unseren Aufgaben. Viele obdachlose Menschen sind schon zu Todesopfern rechter Gewalt geworden und sind auch heute noch immer wieder Ziel von neonazistischen Übergriffen.“

Die Firma Globetrotter verkauft Outdoor-Produkte und kam 2018 der Bitte um Spenden des rechtsextremen Vereins „Dresdner Bürger helfen Dresdner Obdachlosen und Bedürftigen e.V.“ zunächst nach, da sie unter dem Namen der Initiative einen serösen Anbieter vermutete. Die Spenden wurden zurückgezogen, nachdem sie über die politischen Aktivitäten aufgeklärt wurde. In einem Tweet der Firma hieße es dazu: „Wir stehen für Toleranz & Achtung und arbeiten auf Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und kulturelle Vielfalt hin. Folgerichtig werden wir 'Dresdner Bürger helfen Dresdner Obdachlosen und Bedürftigen e.V.' nicht mehr unterstützen und zukünftige Kooperationen noch genauer prüfen.“

Auch die Bahnhofsmission Würzburg positionierte sich im selben Jahr deutlich, als sie eine Lebensmittelspende einer rechtsextremen Gruppierung abgelehnt hatte, weil diese deren „Selbstbeweihräucherung“ diene. Niemand müsse ohne diese konkrete Spende verhungern, hieß es.

Solche Beispiele machen Mut und können für Organisationen der sozialen Arbeit nützlich sein, die gängige Praxis, rechte Spenden zähneknirschend anzunehmen, zu beenden. Noch schöner wäre es, 2022 von ein paar österreichischen Beispielen berichten zu können. Das Eintreten gegen soziale Ungleichheit, Diskriminierung und Hass wird erst glaubwürdig, wenn die professionelle Praxis auch entsprechend öffentlichkeitswirksam rechte AkteurInnen abweist. (Eva Grigori, 22.12.2021)

Eva Grigori ist Dozentin für Soziale Arbeit am Department Soziales der FH St. Pölten und FIPU-Mitglied.