Der Unternehmer Siegfried Wolf ist ein von der WKStA Beschuldigter, es gilt die Unschuldsvermutung.

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Das politische Jahr endet passenderweise mit neuen Korruptionsvorwürfen – und wieder einmal spielt Thomas Schmid eine Hauptrolle. Als Generalsekretär im Finanzministerium soll er einst dem Unternehmer Siegfried Wolf bei einem Steuerproblem geholfen haben und die Leiterin der zuständigen Finanzamtsdienststelle mit einem Karrieresprung bestochen haben.

Das vermutet die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die deshalb am Montag Hausdurchsuchungen und Sicherstellungen durchführen ließ. Wolf bestreitet die Vorwürfe, Schmid äußerte sich nicht – für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Politisch schlugen die Vorgänge Wellen: Für SPÖ und FPÖ zeigen sie die Notwendigkeit des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses. Die Opposition hatte schon bei der Einsetzung des U-Ausschusses angekündigt, sich auch mit Steuerverfahren von Personen im Umfeld der ÖVP beschäftigen zu wollen. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sicherte im Ö1-"Mittagsjournal" "volle Transparenz" seines Hauses zu.

Die Sache selbst begann vor rund 15 Jahren: Wolf war damals noch in Frank Stronachs Magna-Konzern tätig. Seit 1999 war er dort Vorstandsmitglied der Magna-Europa-Zentrale in Österreich, ab 1998 war er auch Dienstnehmer der Magna Management AG in der Schweiz und zusätzlich ab 2005 Vizechef bei der Konzernmutter in Kanada.

Nachzahlung nach Prüfung

Wolf bezog daher aus unterschiedlichen Ländern Einkünfte. 2007 änderte sich das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Österreich: Was man als Geschäftsführer in der Schweiz kassierte, wurde ab nun auch in Österreich schlagend.

Allerdings, so das Narrativ, legten Wolfs damalige Steuerberater weiterhin Erklärungen nach dem bisherigen System – und auch dem Finanzamt in Wiener Neustadt fiel der Fehler offenbar nicht auf. 2016, als Wolf den Magna-Konzern schon längst Richtung Russland verlassen hatte, materialisierte sich das Problem freilich: Bei einer Prüfung wurde all das thematisiert. Zwischen 2006 und 2010 habe sich die Grundlage für die Einkommenssteuer um fast 14 Millionen Euro erhöht.

Letztlich wurde festgestellt, dass der Fiskus Wolf rund sieben Millionen Euro Steuernachzahlung inklusive Strafzinsen von knapp 700.000 Euro vorzuschreiben habe. Angesichts des Riesenbetrags, der sich über die Jahre angesammelt hatte, sei Wolf schon sehr aufgebracht gewesen, erinnert sich ein Involvierter. Das Vorgehen der Finanz habe Wolfs Seite als sehr hart empfunden, habe doch auch das Finanzamt jahrelang selbst einen Fehler gemacht. Jedenfalls schickte Wolf eine große Wirtschaftsprüfungskanzlei ins Rennen.

Interventionsvorwurf

Auch seinen guten Draht ins Finanzministerium (Wolf war ja auch Aufsichtsratschef der damaligen Staatsholding) nützte er. Dem Vernehmen nach war der Austausch zwischen ihm und Thomas Schmid, damals Generalsekretär und Kabinettschef, sehr rege. Schmid war über den jeweiligen Stand der Dinge stets bestens informiert – und dürfte sich dann selbst in die Sache eingeschaltet haben.

Bei einer Amtsrevision wurde nämlich entdeckt, dass Wolf 630.000 Euro erlassen wurden – und die befragten Beamten gaben an, sie hätten dazu mit Schmid "Einvernehmen hergestellt". Schmids Anwalt war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Wolfs Sprecher sagte schon am Montag nach dem ersten Bericht des "Falter", die Angelegenheit werde medial "falsch dargestellt". Zudem sei gegen Wolf kein Finanzstrafverfahren geführt worden. Und wie soll Schmid für das angebliche Entgegenkommen gesorgt haben? Die WKStA vermutet, dass sich die Chefin des zuständigen Finanzamts habe bestechen lassen. Ihr sei angeblich der Wechsel an die Spitze einer anderen Dienststelle versprochen worden. Aber sie soll auch mit Wolf bekannt sein – über eine gemeinsame Leidenschaft, das Golfen. Ihr Handicap verbesserte sie einst, im Jahr 2010, in Wolfs Golfklub Fontana von -36 auf -32. (Renate Graber, Fabian Schmid, 21.12.2021)