Die typische österreichische politische "Analyse" lautet: "Das ist ja nur Hass auf den Kurz!" Galt schon für andere Superstars wie Haider oder Grasser. In verschiedenen Varianten, vom küchenpsychologischen "Wahrscheinlich sind Sie ihm neidig" bis zum verschwörungstheoretischen "Sie handeln ja im Auftrag".

Ist es alles Hass auf Kurz?
Foto: Heribert Corn

Dagegen ist nicht leicht zu argumentieren, weil es dem österreichischen Credo von der Politik als Funktion persönlicher Animosität entspricht. Egal ob es investigative Ergebnisse gibt oder ein gut argumentiertes Urteil über eine falsche Politik. Für beides gibt es bei Kurz genug faktische Basis. Umso schlimmer, wenn dann so etwas passiert wie im letzten "Best of Böse" des Falter. Die Wochenzeitschrift hat sich einen erstklassigen Ruf als investigatives Medium erarbeitet. Aber in der satirischen Beilage kam irgendwer auf die Idee, die Lebensgefährtin von Sebastian Kurz, Mutter seines Kindes, in einer Art Weihnachtskrippe beim Stillen des Jesuskindes darzustellen. Ein Übergriff und überhaupt nicht lustig. Das ist ein Schuss mit der Doppelläufigen ins Knie des kritischen Journalismus.

Das wird jetzt die mediale Sebastian-Kurz-Gebetsliga, die eine Zeitlang schmähstad war, in Empörungsverzückung versetzen. Gerade jetzt, wo es neue investigative Aufgaben gibt. Zum Beispiel die neuen Chats; oder dass Sebastian Kurz von der ÖVP zum Abschied einen potenziell geldwertgleichen Social-Media-Auftritt geschenkt erhielt. (Hans Rauscher, 22.12.2021)