Auf dem Land gibt es immer was zu tun. Während ich in der Stadt meine Wochen enden zum Runterkommen und für eine gute Zeit nutze, haben meine Eltern eine andere Vorstellung vom Wochenende, schon immer. Rasen mähen, die Gartenhütte reparieren, die Obstbäume zurechtstutzen.

Arbeit Nummer eins im Winter und vor allem um die Weihnachtszeit, sollten die meteorologischen Umstände es denn verlangen: Schneeschippen. Oder, wie es bei uns ausgesprochen wird: Schneeschüppen.

Dabei ist das Wegräumen der Schneemassen ähnlich wie das Rasenmähen – eine Frage der Ehre. Wenn man einen Blick zum Nachbarn wirft und dessen Garten ist mit hohem Gras "beschmutzt" oder dessen Einfahrt mit noch nicht weggeschipptem Schnee "verdreckt", hat man schon gewonnen. Das selbstsichere Grinsen ist einem nicht mehr zu nehmen, und das Siegesgeheul schallt bis in die nächste Gemeinde.

Scarface reloaded

Dabei ist Schneeschippen eine unendlich zache Arbeit. Die Finger sterben ab. Meist hat der Schnee sich über Nacht an den Kies oder an den Asphalt förmlich gekettet, sodass man übermenschliche Kräfte entwickeln muss, um ihn wegzukriegen. Und dann ist da ja noch die Frage, wo man mit dem weißen Zeug hinsoll. Ein Satz, der auch aus Scarface stammen könnte.

Während wir also in den vergangenen Jahren, eigentlich seitdem ich denken kann, die Schieber in die Hand genommen haben, um im (Sch)Weiße unseres Angesichts die Einfahrt vom Schnee zu befreien, hatte unser neuer Nachbar eine einfachere Idee. Er kaufte sich einen entsprechenden Aufsatz für sein Quad, fuhr dreimal unsere Einfahrt rauf und runter und blickte in unsere beeindruckten, verblüfften und dankbaren Gesichter.

Mensch und Maschine: 1

Schnee: 0

(Thorben Pollerhof, 24.12.2021)