Jennifer Aniston bei der Premiere von "The Morning Show" im Oktober 2019 in New York.

Foto: APA / AP / Evan Agostini/Invision

Mit der Rolle der Rachel Green in der Kult-Sitcom "Friends" wurde Jennifer Aniston in den 1990er-Jahren zu einer Stil-Ikone. Sogar ihre Frisur aus den ersten beiden Staffeln der Show wurde als "The Rachel" bekannt und von Frauen weltweit kopiert. Als "Girl Next Door" wurde sie zum Publikumsliebling, mit dem sich junge Frauen identifizieren konnten und der von männlichen Fans begehrt wird.

Wie schnell sich das Image einer Frau in der Öffentlichkeit wandeln kann, zeigt jedoch die mediale Berichterstattung über Anistons Privatleben ab Mitte der 2000er-Jahre. Von "America’s Sweetheart" wurde die Schauspielerin zur alternden, kinderlosen Single-Frau, deren vergangene Liebesbeziehungen in den Medien breitgetreten wurden. Auch ihre Erfolge als Darstellerin, Produzentin und Regisseurin wurden davon überschattet.

Als Rachel Green in der Sitcom "Friends" wurde Aniston in den 1990er-Jahren zum Publikumsliebling.
Foto: imago images/Mary Evans

Die Frau, die alles hatte

Anfang der 2000er-Jahre sei Aniston von den Medien noch zum Inbegriff "der Frau, die alles hat", gemacht worden, schreibt Medienwissenschafterin Susan Berridge. Sie wurde von Zeitschriften zur schönsten Frau der Welt gekürt, hatte eine erfolgreiche Fernsehkarriere und führte eine "Traumehe" mit ihrem Schauspielkollegen Brad Pitt. Das änderte sich, als 2004 die Scheidung von Pitt und das Gerücht, dass dieser eine Affäre mit seiner Filmpartnerin und späteren zweiten Ehefrau Angelina Jolie begonnen habe, bekannt wurde.

Ab diesem Zeitpunkt wurde Aniston, damals Anfang 30, in zahlreichen Medien als bemitleidenswerte verlassene Ehefrau porträtiert und der inszenierte "Catfight" zwischen ihr und Angelina Jolie sorgte in der Klatschpresse für Schlagzeilen. Auch in den Jahren danach wurden Anistons Liebesbeziehungen, Spekulationen über eine mögliche Schwangerschaft oder der Grund ihrer Kinderlosigkeit Dauerthema in Magazinen und Talkshows. Ihre vergangene Beziehung zu Pitt wurde und wird – selbst Jahre nach ihrer Trennung – immer wieder aufgegriffen.

Überschattete Erfolge

Doch nicht nur Aniston und ihr Umfeld schienen unter der Berichterstattung über ihr Privatleben zu leiden, auch ihre Karriere wurde laut der Medienwissenschafterin Berridge davon beeinflusst. Viele ihrer späteren Rollen würden sich darum drehen, große Lebensziele zu erreichen, bevor die Zeit dafür abläuft.

In der Beziehungskomödie "Er steht einfach nicht auf dich" (2009) spielt sie eine Frau, die darauf wartet, dass ihr Partner endlich um ihre Hand anhält, in "Umständlich verliebt" (2010) geht es um eine unverheiratete und unglücklich kinderlose Frau in ihren 40ern, und in "Wir sind die Millers" (2013) ist Aniston eine alternde Stripperin, die zur Ersatzmutter zweier Teenager wird. Zwar sei es ihre Entscheidung, in diesen Filmen mitzuspielen, dennoch könne man laut Berridge hinterfragen, was es über Hollywood aussagt, wenn das die Aufträge sind, die einer alleinstehenden Frau über 40 angeboten werden.

In "The Morning Show" spielt Jennifer Aniston seit 2019 eine Frühstücksfernsehmoderatorin. Außerdem hat sie als Produzentin an der Serie mitgewirkt.
Foto: APA / AP / Hilary B Gayle

Manche Kritiker*innen äußerten sogar den Vorwurf, dass Aniston ihre Karriere ausschließlich der Klatschpresse verdanke. Außerdem wurde die Schauspielerin mehrfach als "Kassengift" bezeichnet. Die Mehrheit ihrer Filme hat sich jedoch als profitabel erwiesen und weltweit eine Gesamtsumme von über drei Milliarden US-Dollar eingespielt.

Laut "Forbes" gehört Aniston zu den am besten verdienenden und einflussreichsten Personen in der Unterhaltungsindustrie – sie erscheint seit Anfang der 2000er regelmäßig auf den jährlichen Ranglisten des Magazins. Seit 2007 ist sie unter anderem Mitglied der Academy of Motion Picture Arts and Sciences und somit stimmberechtigt bei der jährlichen Wahl der Oscar-Preisträger*innen.

Mit zweierlei Maß

In einem aktuellen Interview mit "The Hollywood Reporter" thematisierte Aniston die Doppelmoral in Bezug auf alternde Frauen und Männer. Denn nicht nur die Frage nach Kinderwunsch und Familienplanung werde ausschließlich Frauen gestellt, auch das Bild, sie hätten ihre Karriere über ein Familienleben mit Kindern gestellt, werde nur von erfolgreichen Frauen in der Öffentlichkeit gezeichnet.

Ein Vergleich: Schauspielkollege George Clooney, der bis 2014 ein unverheirateter und kinderloser Mann war, wurde medial nicht verurteilt, sondern gar als begehrenswerter Junggeselle in seinen 50ern dargestellt. Wieso Aniston keine Kinder habe oder ob sie welche bekommen könne, sei immer schon ihre Privatsache gewesen. Der mediale Fokus darauf und die Belagerung durch Paparazzi hätten sie früher sehr belastet, sagt sie.

Es ist nicht das erste Mal, dass Aniston die Berichterstattung der Boulevardpresse kritisiert. Bereits im Sommer 2016 verfasste die Schauspielerin in der "Huffington Post' einen offenen Brief über das vorherrschende Frauenbild in den Medien. Frauen würden zu Objekten gemacht; wölbe sich ihr Bauch, würden sie beäugt und mit dem gängigen Schönheitsideal verglichen und seien entweder "schwanger oder fett", schreibt sie. Die Art, wie sie dargestellt werde, sei ein Spiegel dessen, wie Frauen generell in der Gesellschaft wahrgenommen und bewertet werden.

Ihre klare Botschaft an die Medien, aber auch an andere Frauen und Mädchen lautet: "Wir sind vollkommen, und zwar völlig unabhängig davon, ob wir einen Partner haben oder nicht oder ob wir Kinder haben oder nicht. Und in Bezug auf unseren Körper entscheiden nur wir selbst darüber, was wir schön finden." (Anika Dang, 14.1.2022)