Michelangelo und Thomas Ruff, Brandl und Beuys, Odenbach und – hier im Bild – Trockel. Alle hatten Einfluss auf die Akademien, die sie besuchten. Und natürlich umgekehrt

Foto: Bildrecht, Wien 2021; Sprüth Magers, Rosemarie Trockel

Als Student in der ersten Foto-Klasse von Bernd und Hilla Becher fotografierte Thomas Ruff seine Kommilitonen an der Düsseldorfer Kunstakademie. Die nüchternen Porträts sind berühmt, so großer Erfolg wie ihm war kaum einem der verewigten Mitstudenten beschieden, manche haben am Ende ganz andere berufliche Wege eingeschlagen.

Der Titel werden. From Michelangelo To -> verweist zunächst aber nicht an die Düsseldorfer Akademie, die als eine der innovativsten der Gegenwart gilt, sondern nach Florenz, wo 1563 mit der Accademia delle Arti del Disegno die Mutter aller (europäischen) Kunstakademien gegründet wurde. Mit deren geistigem Vater Michelangelo startet man spektakulär, zu sehen sind Originalzeichnungen aus der Casa Buonarroti sowie ein Bozzetto für ein Kruzifix aus Lindenholz.

Im Galopp geht es dann durch die Geschichte, Brücken zu Tirol ergeben sich aus den Verbindungen mit den Medici, über die etwa der Florentiner Barockmaler Francesco Montelatici, genannt Cecco Bravo, nach Innsbruck kam, der weitere Weg ist mit prominenten Namen wie Giorgio Morandi, de Chirico, Henry Moore, Mimmo Paladino und viel Disegno, also Gezeichnetem, gepflastert.

Trockel’scher Humor

Dass die Künstlerriege bis weit ins 20. Jahrhundert herauf fast nur aus Männern besteht, spiegelt beiläufig gesellschaftliche Bedingungen, die das "Werden" von Künstlerinnen bestimm(t)en. Natürlich hätte man gern ein Werk von Artemisia Gentileschi gezeigt, die als erste Frau aufgenommen wurde, war aber nicht zu bekommen, sagt Museumsdirektor Peter Assmann. Gelenkt werden solle der Blick aber in erster Linie auf kreative Prozesse und Entwicklungen. Nun ja.

Dass die eben auch an gesellschaftliche Phänomene geknüpft sind, zeigt sich immerhin ein Stockwerk höher, wo die Düsseldorfer Professorenriege eindrucksvoll die neuere deutsche Kunstgeschichte spiegelt. Martin Gostner, selbst auf dem Lehrstuhl für Bildhauerei, hat zum Teil von den Künstlern vorgeschlagene Arbeiten und solche aus der Akademie-Sammlung in erfrischende Dialoge gesetzt. Da starren Herbert Brandls Bronze-Kreaturen auf einen Peter Piller, zeigt Rosemarie Trockel mit einer Auswahl namens Get Lucky Humor, trifft man auf Marcel Odenbachs "ewig schaffende Hände", auf die Bechers, Ruff und Gursky, auf Katharina Sieverding und natürlich auch auf Joseph Beuys, auf dessen Fußwaschung ein Gemälde von Immendorff rekurriert.

Und wo bleibt die Zukunft? Im Netz. Die Website Looking Ahead stellt junge Künstlerinnen Künstler vor, die von Lehrenden empfohlen wurden. (Ivona Jelicic, 24.12.2021)