Die App funktioniert wie altbekannte Verkaufsplattformen, nur eben speziell für Nutztiere. (Anmerkung: PR-Foto des Herstellers)

Foto: Viehworld

"Resi, Tiroler Grauvieh, 6. Laktation, supertreue, robuste Kuh." Mit ihren großen Kuhaugen blickt die silbergraue Schönheit in die Kamera, auch ihre Profilansicht kann sich sehen lassen. Das Höchstgebot liegt aktuell bei 1600 Euro. Noch ist Zeit, den Zuschlag zu erhalten. Mit der App Viehworld können Bauern ihre Tiere einfach übers Internet kaufen und verkaufen. Rund 2500 Nutzer tun das bereits aktiv, wie Nebenerwerbslandwirt Florian Aspalter und Tierarzt Wolfgang Schiessl, die Erfinder der App, erklären.

Seit September dieses Jahres ist Viehworld online. Mehr als 5.000 mal wurde die App bereits heruntergeladen. Und seit Kurzem kann man neben Rindviechern auch Schafe und Ziegen übers Internet erstehen. Die Idee zur App kam dem Tierarzt Schiessl im Zuge seiner Arbeit: "Ich habe zu 80 Prozent mit Rinderbetrieben zu tun und dort mit meist jungen Landwirten." Eines der Hauptprobleme der Jungbauern sei Zeitmangel. "Ich hab mir überlegt, wo könnte man Zeit sparen?", skizziert Schiessl die Ideenfindung. Und die Antwort lag auf der Hand: beim Kuhhandel.

Weniger Stress und Risiko

Neben der Zeitersparnis nutzt der Onlinehandel aber vor allem dem Tierwohl, wie der Veterinär erklärt: "Bei herkömmlichen Auktionen kommen viele Tiere aus verschiedenen Ställen zusammen. Dadurch steigt das Risiko durch übertragbare Krankheiten." Zudem bedeuten der Transport zur Versteigerung und der dortige Trubel enormen Stress für die Tiere. Bei einer Online-Auktion bleibt ihnen all das erspart.

Damit nicht aus Jux mitgesteigert wird, ist zur Anmeldung auf Viehworld der e-AMA-Login nötig, über den in Österreich nur geprüfte Landwirte, Viehhändler und Verarbeiter verfügen. Die Kosten, die bei einer Online-Vieh-Auktion entstehen, trägt der Verkäufer. Wird man handelseins, bleiben fünf Prozent des Verkaufspreises als Gebühr bei Viehworld. Nur der erste Verkauf ist, so wie die App selbst, kostenlos.

Image der Jungbauern aufpolieren

Das Marketing hinter Viehworld zielt bewusst darauf ab, das Image junger Landwirte etwas aufzupolieren, wie Mitgründer und Nebenwerbsbauer Aspalter erklärt: "Unsere Zielgruppe ist sehr innovativ, auch wenn das oft nicht so wahrgenommen wird." Vor dem offiziellen Launch der App, durchlief sie eine Testphase, an der 30 Landwirte teilnahmen. In den ersten Monaten seit dem Start, haben die Entwickler bereits zahlreiche Rückmeldungen erhalten und so ihr Produkt verbessert, sagt Aspalter: "Wir haben mittlerweile schon 17 Updates auf Basis dieser Feedbacks umgesetzt."

Die Praxistipps der User umfassten ganz Banales, wie etwa die Entfernung zwischen Käufer und Verkäufer, die in der App angezeigt wird, sagt Aspalter: "Anfangs wurde die Luftlinie angegeben, was wenig Sinn macht, wenn etwa ein Berg zwischen den Gehöften liegt." Auch Push-Benachrichtigungen gibt es neuerdings, die anzeigen, wenn ein Tier in der Nähe zum Verkauf steht.

Experte sieht Vorteile für Tiere

Die Idee, Nutztiere online zu versteigern, ist nicht ganz neu, wie Johann Häusler, Referatsleiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der HBLFA Raumberg-Gumpenstein weiß: "Einzelne Zuchtverbände setzen bereits auf das Internet zum Handel mit den Tieren." Grundsätzlich begrüßt der Experte diese Entwicklung aus Sicht des Tierwohles, weil damit Tiertransporte und Stress reduziert werden: "Vieh-Versteigerungen sind für die Tiere immer mit Stress verbunden. Das beginnt beim Transport und reicht bis zu den Vorführungen vor Publikum. Auch Zusammentreffen mit Tieren aus anderen Herden, das zu Rangkämpfen und Verletzungen führen kann, verursacht Stress." Das bereits erwähnte Krankheitsrisiko, das bei Auktionen besteht, sei ebenfalls nicht zu vernachlässigen.

Die App-Entwickler wollen neben den Rindern, Schafen und Ziegen in Bälde auch Schweine, Pferde und andere Tiere, wie Alpakas oder Geflügel, online versteigern. Die Vorbereitungen dazu laufen bereits. Auch neue Märkte – zuallererst den Deutschen – nimmt man ins Visier. Langfristig, so der Plan, will Viehworld den europaweiten Online-Handel mit Nutztiere anbieten. (Steffen Arora, 27.12.2021)