Katharina Reich, Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit, und Generalleutnant Norbert Gehart traten vor die Presse, um Verschärfungen der Corona-Maßnahmen zu präsentieren.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Etwa ein Jahr ist es her, da kam Unmut im Kreise von Juristen und Juristinnen auf. Sie fanden es seltsam, dass jene, die man damals noch das "virologische Quartett" nannte – also Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), Werner Kogler (Grüne) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) –, zwar diverse Corona-Maßnahmen verkündeten, aber gleichzeitig unter den Verordnungen dazu nur der Name Anschobers stand. Der Kanzler und auch andere Regierungsmitglieder würden sich da mehr oder minder elegant aus der Verantwortung stehlen, munkelte man – zu Recht.

Kein politischer Vertreter vor den Kameras

Bis auf Kogler ist mittlerweile keiner aus dem Quartett noch im damaligen Amt, doch dieses Problem ist geblieben. Nun geht es sogar noch weiter: Als die jüngsten Verschärfungen präsentiert wurden, stand gar kein politischer Vertreter mehr vor den Kameras. Dass bald die Gastronomie doch früher schließen muss, dass Reiseregeln verschärft werden und dass man mit alledem aber schon lieber noch bis nach den Feiertagen wartet, obwohl die Omikron-Welle anrollt – all das mussten eine Beamtin und ein Generalmajor an die Öffentlichkeit bringen.

Das ist freilich den beiden gegenüber unfair. Klar, sie sind als Spitze des Gecko-Gremiums jene, die die Maßnahmen empfohlen haben. Außerdem sind sie vom Fach und kennen sich in ihren Gebieten aus. Dennoch kann es nicht ihre Aufgabe sein, dafür auch aus politischer Sicht geradezustehen. Was wäre, wenn sie anderer Meinung gewesen wären, andere Maßnahmen empfohlen hätten, die Politik sich aber nicht an den Rat der Experten und Expertinnen gehalten hätte? Was würden sie dann in die Kameras sagen?

Ins Gesicht sagen

Und: Das ist auch unfair den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber. Sie haben die Regierung indirekt gewählt, sie sind es, die von den Regeln betroffen sind. Da ist es wohl das Mindeste, dass ebendiese Regierung ihnen das ins Gesicht sagt. Dazu kommt: Journalistinnen und Journalisten sollten stellvertretend für die Bevölkerung auch Fragen an die direkt Zuständigen stellen können – und nicht später deren Kommunikationsteams per Mail um Antworten bitten müssen.

Bleibt das auch in Zukunft so, dann drängt sich ein unschöner Anschein auf: dass die Regierung nicht nur das Krisenmanagement, sondern auch die Krisenkommunikation abgegeben hat. Und damit jede Verantwortung für die eigenen Entscheidungen von sich schiebt. (Gabriele Scherndl, 27.12.2021)