Ob zu Martini oder Weihnachten – ein Gansl ist in Österreich eine beliebte Festtagsspeise. Beim Preis dafür scheiden sich oft die Geister.

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Das Leben ist im Jahresverlauf teurer geworden. Die Inflation ist bis November in Österreich auf 4,3 Prozent gestiegen – angetrieben vom Bereich Energie. Die Heizölpreise verteuerten sich um 64,5 Prozent, Strom um 10,2 Prozent, Gas wurde um 20,4 Prozent teurer. Geringe Auswirkungen hatte die Inflation bisher auf Nahrungsmittel. Diese verteuerten sich durchschnittlich nur um 1,6 Prozent.

Ein Blick in die einzelnen Warenkategorien zeigt aber schon ein etwas anderes Bild: Die Preise für Fleisch stiegen um 2,9 Prozent, jene für Gemüse um 3,4 Prozent, Brot und Getreideerzeugnisse verteuerten sich um 2,1 Prozent. Milch, Käse und Eier blieben mit einem Aufschlag von 0,1 Prozent preisstabil, ebenso Obst mit einem Plus von 0,2 Prozent.

Effekte schlagen durch

Was im Bereich Nahrungsmittel noch relativ mild klingt, kann sich rasch ändern, weil Effekte wie etwa die hohen Energiekosten auf die Lebensmittel durchschlagen werden. Die Welternährungsorganisation (FAO) warnt daher bereits vor dramatisch steigenden Nahrungsmittelpreisen – denn auch die Kosten für Kunstdünger und Pflanzenschutzmittel gehen derzeit durch die Decke. "Wenn die Energiepreise weiter steigen, gehen die Preise für Dünger, Pestizide und Kraftstoffe hoch – und später auch die Nahrungsmittelpreise", sagte Josef Schmidhuber, stellvertretender Direktor der FAO-Abteilung Märkte und Handel, dem Spiegel.

Infolge des stark gestiegenen Erdgaspreises etwa hätten sich diverse Stickstoffdünger bereits sprunghaft verteuert. Der Düngergrundstoff Ammoniak, der unter Einsatz großer Mengen von Erdgas gewonnen wird, kostet in normalen Zeiten in Westeuropa um die 300 Euro. Jetzt kostet Ammoniak mehr als dreimal so viel – ein historischer Rekord. Wegen des Ammoniak-Mangels mussten große Düngemittelhersteller bereits Fabriken herunterfahren. Entspanne sich der Erdgasmarkt nicht bald wieder, "haben wir ein wirklich großes Problem", sagt Schmidhuber. Das könnte in Ländern wie Deutschland oder Österreich Gemüse verteuern. In armen Ländern könnten Ernten schrumpfen, weil viele Bauern sich den Dünger nicht mehr leisten können.

Aber auch die Dürren und Überflutungen der vergangenen Monate haben für einen Anstieg der Lebensmittelpreise gesorgt. Laut dem Food Price Index der FAO sind die Preise in den vergangenen zwölf Monaten im Schnitt um 27 Prozent gestiegen. Die Folgen der Düngerkrise sind darin noch kaum enthalten.

Alte, neue Debatte

All das bringt eine bekannte Debatte wieder auf den Teller: Was ist der faire Preis für Essen? Deutschlands Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will jedenfalls angemessene Preise für Lebensmittel und Agrarprodukte erreichen. "Es darf keine Ramschpreise für Lebensmittel mehr geben", sagte er der Bild am Sonntag. Das treibe Bauern in den Ruin, verhindere mehr Tierwohl, befördere das Artensterben und belaste das Klima. Lebensmittel dürften aber auch kein Luxusgut werden. "Doch der Preis muss die ökologische Wahrheit stärker ausdrücken", so Özdemir. Um ein sicheres Einkommen für Bauern, gesundes Essen für alle, mehr Tierwohl und Klimaschutz zu vereinen, soll die Anzahl der Nutztiere in Deutschland verringert werden. "Die Zahl der Tiere muss sich an der verfügbaren Fläche orientieren." Die Investitionsförderung will Özdemir daher künftig auf gute Haltungsbedingungen in den Ställen ausrichten.

Doch wo kommen Fleisch, Obst und Gemüse eigentlich her? Heimischen Konsumenten bleibt diese Frage oft unbeantwortet. Denn die verpflichtende Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Lebensmittel, die das Einkommen vieler Landwirte aufbessern könnte, kommt nicht vom Fleck. Derzeit spießt es sich an der Frage, ob auch Wirte die Herkunft ihrer Produkte offenlegen sollen. (Bettina Pfluger, 27.12.2021)