Nur ein Viertel der heute jungen Frauen wird wohl vom Frühstarterbonus profitieren. Wie auch die Hacklerregelung bevorzugt das neue Modell Männer.

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2022 läuft die sogenannte Hacklerregelung, also die Möglichkeit zum abschlagsfreien Pensionsantritt mit 45 Beitragsjahren und somit vor dem Regelpensionsalter, aus. Dafür soll aber mit dem sogenannten Frühstarterbonus der Einstieg ins Erwerbsleben vor dem 20. Lebensjahr belohnt werden: Wer zwölf Beitragsmonate vor Erreichen des 20. Lebensjahres gesammelt hat und insgesamt mindestens 25 Beitragsjahre vorweisen kann, bekommt für jeden Monat, den er oder sie in der Jugend gearbeitet hat, einen Euro für die Pension dazu, maximal aber 60 Euro. Nach Schätzung der Pensionsversicherungsanstalt PVA werden das 60.000 bis 70.000 Personen in Anspruch nehmen. Während SPÖ und FPÖ die Abschaffung der Hacklerreglung weiterhin kritisieren, sehen die Neos sowohl Hacklerregelung als auch Frühstarterbonus kritisch, die schwarz-grüne Regierung warb für den Frühstarterbonus als gerechtere Lösung nicht zuletzt damit, dass nur ganz wenige Frauen die Hacklerregelung in Anspruch nehmen.

Kurzfristige Veränderungen negativ

Wird die Hacklerregelung somit zu Recht abgeschafft? Aus Sicht der Betroffenen bestimmt nicht, sagte die Ökonomin Christine Mayrhuber vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) im Ö1 "Morgenjournal" am Dienstag. Die betroffenen Menschen, meist Männer, die sich darauf eingestellt haben, abschlagsfrei in Pension zu gehen, finden die Abschaffung ungerecht. Generell wirken sich die ständigen kurzfristigen Änderungen des letzten Jahrzehnts negativ auf das Pensionssystem aus. "Ein Alterssicherungssystem braucht eine lange Planungsphase, sowohl für die Versicherten als auch für die Betriebe", sagt Mayrhuber.

Sie zeigt Verständnis für nun womöglich über die Änderung Enttäuschte: "Das ist schon eine große Leistung, 45 Beitragsjahre zu haben." Gleichzeitig gebe es aber viele, denen es schlichtweg nicht möglich ist, diese Anzahl an Jahren zu sammeln, etwa Menschen, die im Laufe ihres Erwerbslebens von Arbeitslosigkeit betroffen waren, oder Frauen. Diese übernehmen nämlich den Großteil der Care-Arbeit und leisten damit viel unbezahlte Arbeit.

Auch Frühstarterbonus bevorzugt Männer

Der Frühstarterbonus sei eine Anerkennung des frühzeitigen Erwerbseinstiegs, was man positiv sehen könne, wie Mayrhuber erklärt. Aber auch mit der neuen Regelung werden wieder verstärkt Männer in den Genuss kommen, diesen Bonus zu nutzten. Männer machen eher eine Lehre und steigen damit früher in die Erwerbsarbeit ein, Frauen sind länger im Bildungssystem. Auch hier gebe es also einen "Gender Bias", sagt die Pensionsexpertin. Außerdem seien aktuell sowieso nur ein knappes Drittel der jungen Männer und ein Viertel der jungen Frauen erwerbstätig, somit würden von der neuen Regelung hauptsächlich Personen profitieren, die in den 80er- und 90er-Jahren eine Lehre absolviert haben.

Und wie sieht es generell mit der Sicherheit des Pensionssystems aus? Um das zu beantworten, so Mayrhuber, müsse man immer auf den Arbeitsmarkt schauen. In einem umlagefinanzierten System wie dem österreichischen seien eine hohe Erwerbsbeteiligung und hohe Löhne die Grundlage für eine sichere Pensionsfinanzierung: "Wenn ich mir Sorgen mache um das Alterssicherungssystem, dann muss ich mir gleichzeitig Sorgen machen um den Arbeitsmarkt, darum, dass wir eine nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit haben, und ich muss mir Sorgen machen, dass die Reallöhne sich in den letzten Jahren sehr schlecht entwickelt haben und für manche Gruppen überhaupt keine Lohnzuwächse vorhanden waren." Ein stabiler Arbeitsmarkt, eine hohe Erwerbsbeteiligung und vernünftige Löhne seien der Schlüssel zu einer langfristigen Erhaltung des Pensionssystems. (lew, 28.12.2021)