Das Verhältnis von Google zum Thema drahtloses Laden ist ein kompliziertes: Zunächst einer der Pioniere in diesem Bereich – schon das 2012 erschienene Nexus 4 unterstützte den bis heute gültigen Qi-Standard –, vollzog man wenige Jahre später einen überraschenden Rückzieher. Der zusätzliche Platzverbrauch, der auch auf die Akkukapazität geht, rentiere sich nicht mehr in einer Welt, wo es mit USB-C einen einfachen Anschlussstandard gibt, argumentierte man damals. Erst mit dem Pixel 3 kam dann der Rückzieher vom Rückzieher – und damit zu einem Zeitpunkt, als "Wireless Charging" bereits weitgehend zur Norm bei High-End-Smartphones wurde.

Pixel Stand (2nd Gen)

Mittlerweile stellt Google das Thema aber wieder stärker in den Vordergrund. Also gibt es nun bereits die zweite Generation des Pixel Stand, des eigenen drahtlosen Ladegeräts von Google. Um 79 Euro verkauft, stellt sich dabei schnell die Frage: Was kann so ein Gerät eigentlich, um diesen Preis zu rechtfertigen? Und vor allem: Rentiert sich das wirklich?

Der Pixel Stand bietet eine eigene Ansicht mit allerlei Steuerelementen.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Aber der Reihe nach: Mit 113,9 × 71,6 × 82 Millimeter und einem Gewicht von 71 Gramm ist der neue Pixel Stand auf dem Schreibtisch unübersehbar, er ist vor allem deutlich voluminöser als der Vorgänger. Das hat allerdings auch seinen guten Grund: Um höhere Ladegeschwindigkeiten zu unterstützen, ist in dem Gerät ein Lüfter verbaut, der bei Bedarf die notwendige Kühlung verschaffen soll. Sichtbar ist er nicht, die Luft wird über einen kleinen Schlitz auf die Rückseite des Geräts geblasen.

Das funktioniert gut, das für den Test genutzte Pixel 6 Pro blieb immer schön kühl, hat aber auch so seine Nachteile. Dass dieser Schlitz nicht sonderlich attraktiv aussieht, mag man dabei noch verschmerzen können, dass sich an dieser Stelle unweigerlich allerlei Schmutz ansammeln wird, könnte mit der Zeit aber nervig werden.

Gut mitgedacht

Was am Aufbau des Pixel Stand hingegen sehr gut gefällt: An der Unterseite gibt es eine leichte Ausbuchtung für die runden Gehäuse vieler drahtloser Earbuds, damit diese beim Laden stabiler stehen. Nicht ganz zufällig fügen sich hier Googles eigene Pixel Buds perfekt ein. Apropos Pixel Buds: Im Gegensatz zum ersten Pixel Stand kann man diese hier nun positionieren, wie man will. Bei der Vorgängergeneration mussten sie noch wenig intuitiv kopfüber aufgestellt werden, damit das Laden auch wirklich funktioniert.

An der Unterseite ist ein kleiner Schlitz, über den die Luft auf die Rückseite des Geräts geblasen wir.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Ladegeschwindigkeit

Wie stark die Ladeleistung ist, hängt davon ab, welches Smartphone man verwendet. Beim Pixel 6 gibt es bis zu 21 Watt, beim Pixel 6 Pro sogar 23 Watt. Andere Smartphones, die sich an den Qi-EPP-Standard halten, bekommen immer noch maximal 15 Watt, ältere Pixel-Geräte – und viele andere Qi-Devices – müssen sich hingegen mit bis zu zehn Watt zufriedengeben. All dies heißt auch: Die primäre Zielgruppe sind natürlich Nutzer von Googles eigenen Smartphones – und zwar von deren aktuellster Generation.

Für Pixel 6 und 6 Pro gibt es denn im Test auch eine sehr ähnliche Ladegeschwindigkeit im Vergleich zur Nutzung des USB-C-Chargers. Mit etwas über zwei Stunden braucht es nur ein paar Minuten länger, um den Akku von null auf hundert zu laden. Das ist im Vergleich zu manch anderem aktuellem Smartphone noch immer recht gemächlich, wofür es allerdings vielerlei Gründe gibt – unter anderem, dass so manch anderer Anbieter bei solchen Angaben schummelt, wie unlängst an anderer Stelle ausgeführt wurde.

Effizienz

Angemerkt sei, dass drahtloses Laden generell nicht die stromsparendste Variante des Ladens ist. In diesem Fall ist es so, dass die Effizienz in Kombination mit einem Pixel 6 Pro bei rund 80 Prozent liegt, der Pixel Stand bei voller Geschwindigkeit bis zu 29 Watt verbraucht. Das geht sich mit dem mitgelieferten 30-Watt-Ladegerät auch gut aus. Damit wäre übrigens auch geklärt, warum Googles aktueller USB-C-Charger 30 Watt bietet, obwohl Pixel 6 und 6 Pro auf dem Kabelweg gar nicht so viel erhalten – man hat schlicht den Overhead für den Pixel Stand eingerechnet. Der 30-Watt-Charger wird in diesem Fall übrigens mitgeliefert – samt eines 1,5 Meter langen Kabels.

Von der Seite zeigt sich gut, wie groß der Pixel Stand der zweiten Generation ist – der im Gehäuse verborgene Lüfter ist der Grund dafür.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Bei all diesen Werten muss allerdings betont werden: Das sind Maximalwerte, die in der Praxis nur selten erreicht werden – und zwar aus gutem Grund. Versucht doch der Pixel Stand "intelligent" zu laden, um den Akku möglichst schonend zu behandeln. So wird etwa der Ladevorgang in der Nacht gezielt auf den Wecker in der Früh ausgerichtet, also so langsam wie möglich geladen. Das garantiert dann auch, dass der Lüfter in diesem Szenario nie anspringt, was in der Nacht wohl eher unerfreulich wäre. Dieser Automatismus ist von Haus aus aktiviert, die Nutzer können aber auch wahlweise die maximale Ladegeschwindigkeit oder einen Ruhemodus gezielt aktivieren.

Google verpatzt den Start

Klingt gut, hat derzeit aber ein entscheidendes Problem: Damit es bei Pixel 6 und Pixel 6 Pro die volle Ladegeschwindigkeit gibt, braucht es zunächst ein Software-Update am Smartphone – und zwar jenes für Dezember 2021. Eben dieses wurde aber recht bald nach der Veröffentlichung wegen dadurch ausgelöster – oder verschärfter – Netzprobleme pausiert und mittlerweile komplett zurückgezogen. Das heißt: Derzeit gibt es das entsprechend Update schlicht nicht, erst Ende Jänner soll es dann gemeinsam mit weiteren Fehlerbereinigungen veröffentlicht werden. Wer das nötige Know-How hat, kann zwar das entsprechende Update manuell installieren, für die breite Masse stellt das aber keine Lösung dar – eben auch, weil man sich damit potentiell andere Problem einfängt. Den Start des Pixel Stand hat Google damit also gehörig verpatzt.

Was hingegen generell gut gefällt: Der Lüfter bleibt selbst bei maximaler Ladeleistung vergleichsweise leise, da hat man von Firmen wie Oneplus schon ganz anderes gehört.

Allerlei Extras

Google bewirbt den Pixel Stand aber nicht nur als simple Ladestation, sondern bietet auch einige Zusatzfunktionen. So gibt es nach einer kurzen Berührung des Bildschirms Zugriff auf eine reduzierte Oberfläche mit allerlei Steuerelementen. Neben der bereits erwähnten manuellen Auswahl der Ladegeschwindigkeit lassen sich darüber auch Musik oder auch allerlei Smart-Home-Geräte steuern. Wer das so nutzt, bekommt also eine Art abgespecktes smartes Display. Bis zu vier Smart-Home-Devices können hier eingetragen werden, womit dann etwa direkt das Licht gesteuert oder der Staubsaugerroboter gestartet werden kann.

Dazu kommt noch der "Sunrise Alarm", bei dem der Bildschirm des Smartphones vor dem Aufstehen graduell heller wird. Außerdem gibt es eine direkte Google-Assistant-Integration, und wer will, kann auch eigene Fotos als eine Art Bildschirmschoner anzeigen, während das Gerät auf der Ladestation sitzt.

Wer will, kann ein Smartphone am Pixel Stand auch als Fotobildschirm mit ausgewählten Fotos betreiben.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Echter Nutzen?

All das ist nett, wirft aber vor allem eine Frage auf: warum Google das als Android-Hersteller nicht generell zur Verfügung stellt, also für die Nutzung mit sämtlichen drahtlosen Ladegeräten. Einen technischen Grund für diese Exklusivität scheint es jedenfalls nicht zu geben. Zudem führt diese Funktionsvielfalt dazu, dass das Setup der Ladestation etwas umständlich ist. Vornehmen sollte man dies übrigens auf jeden Fall, auch wenn man die smarten Funktionen nicht nutzen will. Denn sonst geht das Schnellladen generell nicht.

Für österreichische Nutzer gibt es eine weitere Hürde zu beachten: Auch den neuen Pixel Stand muss man sich zunächst aus Deutschland besorgen, also etwa mithilfe von Paketweiterleitungsdiensten direkt aus dem offiziellen Google Store. Hier kommen also zum Preis noch einmal ein paar Euro dazu.

Fazit

Was bleibt, ist ein eher gemischter Eindruck: Generell ist der neue Pixel Stand eine durchaus gute Option für eine drahtlose Ladestation, vor allem, wenn man ein Pixel 6 (Pro) hat und die zusätzlichen Features nutzen will. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass rund 80 Euro schon ein reichlich hoher Preis sind. Vor allem für ein Gerät, das in seiner Kernfunktion – also dem Laden – in der Praxis eigentlich selten wirklich relevant schneller ist als deutlich kostengünstigere oder auch flexiblere Alternativen. Für die, die ein anderes Pixel-Smartphone mit einem Pixel Stand der ersten Generation haben, rentiert sich das Upgrade ebenfalls nicht, da ihnen die neue Version keinerlei Vorteile bietet. (Andreas Proschofsky, 2.1.2022)