Bild nicht mehr verfügbar.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen beantwortete der APA zehn schriftlich gestellte Fragen zur Außenpolitik.

Foto: AP / Lisa Leutner

Wien – Trotz der innenpolitischen Turbulenzen 2021 ortet Bundespräsident Alexander Van der Bellen keinen Imageschaden auf internationaler Ebene. "Der Ruf Österreichs ist nach wie vor gut", hielt er zum Jahreswechsel gegenüber der APA fest. Sein Verhältnis zur türkis-grünen Regierung beschrieb das Staatsoberhaupt so: "Im Großen und Ganzen ziehen wir alle an einem Strang. Dass wir in der Vergangenheit manchmal nicht ganz derselben Meinung waren, tut dem keinen Abbruch."

"Natürlich wird aufmerksam beobachtet, was bei uns passiert", erklärte der Bundespräsident – gemeint waren etwa der Ibiza-Skandal 2019, der diesjährige Rücktritt von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen Korruptionsvorwürfen und die dadurch ausgelösten Rochaden an der Regierungsspitze. "Das bemerke ich bei allen meinen Gesprächen mit anderen Staatsoberhäuptern." Doch habe sich gerade "in den letzten zweieinhalb Jahren immer wieder gezeigt, dass wir interne Herausforderungen und Regierungskrisen mit unserer starken demokratischen und rechtsstaatlichen Tradition und anhand der Vorgaben unserer Bundesverfassung gut meistern können".

Gemeinsame EU-Außenpolitik" nicht einfach"

Allerdings verhehlte der Bundespräsident auch nicht, dass er mit der Regierungsspitze nicht immer einer Meinung sei: "Es ist kein Geheimnis, dass ich in der Migrations- und Bleiberechtspolitik eine andere Haltung vertrete als die ÖVP."

Dass sich Österreich unter dem damaligen Bundeskanzler Kurz im Zuge der Corona-Krise "in den Verhandlungen zum EU-Budget und dem EU-Recovery-Fund sehr dezidiert eingebracht" habe, bezeichnete Van der Bellen als "durchaus legitim". Doch er wolle sich die Bewältigung der Corona-Pandemie ohne EU gar nicht erst vorstellen. "Gäbe es die EU nicht, müsste man sie erfinden", so das Staatsoberhaupt, das aber auch Verbesserungsbedarf ortete: "Eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU ist wünschenswert, aber nicht ganz einfach. Die historischen Erfahrungen und Beziehungen der EU27 sind einfach zu verschieden, um in allen außenpolitischen Fragen einen Konsens erzielen zu können."

Kampf gegen die Klimakrise

Zugleich sei es für die EU wichtig, ihre eigene Position in der Welt stärker zu gestalten. Hier sei noch viel zu tun, und diesen Weg solle Österreich aktiv mitgestalten. Er erachte die EU "als essenzielle Hüterin unseres gemeinsamen europäischen Fundaments, unserer liberalen Demokratien", so der Bundespräsident. Daher sei die "Aushöhlung von Grundrechten, von Presse- und Meinungsfreiheit, Justiz und Gleichstellungsfragen" etwa in Polen oder Ungarn "extrem beunruhigend".

Im letzten Jahr seiner aktuellen Amtszeit würde der 77-Jährige gerne Reisen nachholen, die aufgrund der Pandemie abgesagt wurden – etwa nach Afrika. Schließlich sei die Bekämpfung der Klimakrise ein "zentrales Thema" seiner außenpolitischen Agenda. Diese könnte auch internationale "Konfliktsituationen verschärfen", so der Bundespräsident. "Der Hunger in aller Welt wird zunehmen, die Versorgung von Menschen in Konfliktgebieten noch schwieriger werden, der Kampf um Ressourcen noch härter ausgefochten werden. Deshalb müssen wir alles tun, um die Klimakrise zu bekämpfen." (APA, red, 29.12.2021)