Griffe und Begriffe: Gerhard Karner (ÖVP) in der "ZiB 2" am Mittwochabend.

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Ein Interview als neuer Innenminister in der "ZiB 2" bei Martin Thür verspricht einige Spannung. Gar, wenn man ein Dollfuß-Museum im Gepäck hat, eine Geschichte als Pressesprecher unter Innenminister Ernst Strasser, der dieses Ministerium vor zwei Jahrzehnten nach Jahrzehnten roter Minister schwarz einfärbte, Abschiebungen und Razzien des Vorgängers sowie alte Aussendungen in als antisemitisch verurteilter Wortwahl.

Gerhard Karner also bot Mittwochabend in der "ZiB 2" ein Bild dieser Spannung, eher schon verzwickten Anspannung, sicht- wie hörbar mit oft zusammengekniffenen Augen hinter der randlosen Brille. Schwarzer Anzug und dunkle* Krawatte verliehen seiner Stimmung bei dem Termin Ausdruck oder seiner Herkunft aus der niederösterreichischen ÖVP oder beides.

Funktionierender Staatsschutz

Wer hat sich noch nicht vor Kameras, Mikros oder größerem Publikum – die "ZiB 2" schauen gut 900.000 Menschen – versprochen? Karner wollte "wachsem" sein. Bei rechten Gruppen, die mit Corona-Maßnahmen-Demos ihr "mieses Geschäft machen, ist es entscheidend, dass wir einen funktionierenden Staatsschuss haben", sagte er über den neuen "Nachrichtendunst" DSN. Versprecher korrigierte Karner gleich.

Wird Karner das Ministerium wieder mit Freunden und Fraktionskollegen besetzen, wie damals aus einem internen Mail über den Pressesprecher Strassers hervorging? "Natürlich können sich die Menschen darauf verlassen", dass da "Kommissionen" nach Qualifikationen entscheiden.

Karner zu Änderungen im Innenressort in der "ZiB 2".
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Erst halten seine Hände einander gut fest, doch je länger das Gespräch, desto weiter greifen sie aus. Keine einseitigen Handkantenschläge wie sein Vorgänger Karl Nehammer als Innenminister – sie bilden Gefäße, nehmen häufig Breitenmaße oder eben doch doppelte Handkantenstellung ein oder eine präzisierende Prise von Luft. Je länger und je fordernder die Fragen etwa zur Abschiebung gut integrierter Menschen mit negativem Asylbescheid werden. "Schwierige Entscheidungen", räumt Karner ein, aber da setze das Innenministerium Justizentscheidungen um, den Kurs will er halten.

"Auch dieser Begriff ist möglich"

Und dann war natürlich noch das Dollfuß-Museum abzufragen in Texingtal (NÖ), wo Karner zuletzt Bürgermeister war. Karner spricht von einer "Zeit des Bürgerkriegs, der Kanzlerdiktatur, des Austrofaschismus, sagen manche".

Zweimal muss Martin Thür nachfragen, ob auch Karner von Austrofaschismus spricht. "Auch dieser Begriff ist möglich", sagt der Innenminister schließlich zu einer angekündigten Neukonzeption des Museums. Nachsatz: Austrofaschismus sei ein Begriff, "der, glaube ich, in der Überarbeitung eine Rolle spielen sollte". (Harald Fidler, 30.12.2021)