Ob kühne Haartolle für die Silvesterfeier im kleinen Kreis, ein bisschen Rosa für die Mähne, um Farbe in die tristen Tage zu bringen, oder schlicht die Haare ein paar Zentimeter kürzer schneiden: Die heimischen Frisiersalons sind derzeit in aller Regel gut gebucht. Nach dem letzten abgestuften Lockdown-Ende im Dezember war mancherorts gar kein Termin zu kriegen. Man hat eben nur eine beschränkte Platzzahl.

Das verlorengegangene Geschäft wieder aufzuholen ist in dieser Branche keine Option. Ob der Hilfen ist mancherorts Ernüchterung eingekehrt. Manuela Doblmann etwa hat sich im Linzer Salon Haar Rocka’s dem Rockabilly-Style verschrieben. Nach rocken ist ihr aber ganz und gar nicht zumute. Finanzielle Hilfe für den letzten Lockdown wird sie erst beantragen, für die Zeit davor bekam sie keine 3000 Euro, wie sie sagt. "Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein."

Viel los war bei manchen Friseuren in den vergangenen Tagen. Dennoch klagt so mancher, dass er kaum über die Runden kommt.
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So großzügig die heimischen Corona-Hilfen auch ausfallen mögen – im Vorjahr beliefen sich allein die Covid-19-Förderungen ohne Steuererleichterungen auf rund 11,6 Milliarden Euro, derzeit werden in Summe mehr als 21 Millionen unter dem Titel Ausfallbonus an gut siebeneinhalb tausend Betriebe ausgezahlt, für 2021 sollen rund 8,21 Milliarden Euro verteilt werden – viele Betriebe fühlen sich im Regen stehen gelassen. Da hilft es auch wenig, dass die OECD der Regierung jüngst bescheinigte, dass die Wirtschaftshilfen die Unternehmen bisher ganz gut durch die Krise gebracht hätten.

Unzufrieden mit den Hilfen

Doblmann etwa hat sich von einer Mitarbeiterin vorübergehend getrennt. Auch die über eine Stiftung bezahlten Lehrlinge kann sie derzeit nicht ausbilden. Es komme einfach zu wenig Geld rein, trotzdem laufen die Fixkosten weiter. Was wirklich helfen würde, sei eine Umsatzsteuersenkung und niedrigere Lohnnebenkosten, sagt sie.

Allein ist sie mit ihrer Unzufriedenheit nicht. Fast zwei Drittel von rund 1000 vom Lockdown betroffenen mittelständischen Unternehmen äußern in einer Befragung des Beratungsunternehmens Finanzombudsteam ihre Unzufriedenheit mit den Cofag-Wirtschaftshilfen.

Schnellere Auszahlung der Hilfsgelder, die höher ausfallen müssten, oder eine Änderung der Bemessungsgrundlage wünschten sich die Betriebe da. Wolfgang Eder, Bundesinnungsmeister der Friseure, ist weniger pessimistisch: "Im Großen und Ganzen läuft das mit den Hilfen gut", sagt er. Vom Umsatzersatz im Jahr 2020 bis zum Ausfallbonus im vierten Lockdown und dem Kurzarbeitsgeld würde das auch ankommen. Besonders wichtig sei die Kurzarbeitsregelung, weil man wohl eine der Branchen mit den anteilig höchsten Lohnkosten sei.

Aufräumen nach der Krise, das kommt erst. Denn noch ist die Pandemie nicht ausgestanden.
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Ein Wiener Innenstadtfriseur, der seinen Namen nicht in der Zeitung genannt wissen will, sieht das alles ganz anders: "Wir kommen mit den Hilfen nicht über die Krise." 70.000 Euro an Umsatz habe er während der Corona-Monate verloren, der "lächerliche" Fixkostenzuschuss werde ihn nicht retten. Das Geschäftskonto sei mit 20.000 Euro dick im Minus – und das, obwohl er 30.000 Euro privat zugeschossen habe. "Dabei war mein Betrieb gesund", sagt der Mann. Die SPÖ hat er in der Sache auf seiner Seite: "Die Blackbox Cofag hilft den Betrieben nicht. Es gehen Milliarden an Steuergeldern hinein, und auf der anderen Seite kommt kaum etwas für die von der Pandemie gebeutelten Unternehmen heraus", polterte SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter dieser Tage.

Mangelnde Liquidität

Tatsächlich stellt sich die finanzielle Lage für Friseure wie für andere persönliche Dienstleister schwierig dar. Die liquiden Mittel reichen oft nur wenige Wochen. Wer Monate auf die Auszahlung des Ausfallbonus warten muss und keine Reserven hat, steht schnell am Rande der Existenz. Dazu kommen oft renitente Kunden, wie Innungsmeister Eder sagt. Deren Unmut über 2G und Maskenpflicht ergießt sich nicht selten über den Figaro der Wahl. Mancher rufe erbost an und wolle andere Bedingungen aushandeln, sagt Eder. Oder er oder sie beschimpft den Friseur, um dann ohne Haareschneiden von dannen zu ziehen, ergänzt die Linzerin Manuela Doblmann und seufzt: "Es ist zum Haareraufen." Der Wiener Innenstadtfriseur will nun nach den stressigen Tagen noch einmal genau in die Bücher schauen – und hofft, dass er nicht in die Pleite rutscht. (Regina Bruckner, 31.12.2021)