Ghislaine Maxwell war kein Opfer, sondern Täterin. Der Schuldspruch der Geschworenen im Prozess gegen die ehemalige Partnerin des verurteilten Sexualstraftäters Jeffrey Epstein zeigt vor allem: Die Justiz kann funktionieren. Nach der Freilassung von Bill Cosby im Juni wegen eines Verfahrensfehlers – nicht weil er unschuldig ist – ist das ein wichtiges Signal. Weder ihr Geld noch ihr Geschlecht oder der Tod des Haupttäters haben Maxwell vor dem Urteil bewahrt. Nun drohen ihr mehrere Jahrzehnte in Haft. Die zuständige Richterin muss noch über das genaue Strafmaß entscheiden.

Maxwell wurde in fünf von sechs Anklagepunkten schuldiggesprochen.
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Doch schon jetzt steht fest, dass die offenbar gut abgewogene Entscheidung der Jury – sie ließ sich immer wieder Aussagen von Zeuginnen und Zeugen sowie Definitionen der Anklagepunkte bringen – nicht nur ein Sieg für die Anklage in diesem Einzelfall ist. Sie wird noch mehr Frauen ermutigen, "aus dem Schatten und in den Gerichtssaal" zu treten – was der US-Staatsanwalt über die vier Betroffenen sagte, die nun gegen Maxwell ausgesagt haben.

Dass nur eine von ihnen mit vollem Namen in den Akten aufscheint und drei unter Pseudonymen aussagen durften, gibt ebenso Hoffnung für die Zukunft. Es zeigt, dass Betroffene von sexuellem Missbrauch nicht mit voller Identität in das Licht der Öffentlichkeit treten müssen, um gehört zu werden – und sie sich so ein neuerliches Trauma ersparen. (Bianca Blei, 30.12.2021)