Svenja Jung (links) und Luise Befort) in "Der Palast".

Foto: ZDF / JULIA TERJUNG.

Es war nicht alles schlecht in der DDR – dieser Ansicht sind immer noch Millionen Menschen. Und wenn man sich an den Friedrichstadt-Palast in Ostberlin erinnert, dann mag's auch irgendwie gestimmt haben.

Dort, im großen und nach wie vor real existierenden "Las Vegas des Ostens", glitzerte und blinkte es noch, als die graue DDR ihrem Ende entgegenwankte.

Auch Marlene Wenninger aus Bamberg ist zu Beginn des ZDF-Sechsteilers "Der Palast" (ab 3. Jänner, 20.15 Uhr im ORF und in der ZDF-Mediathek) begeistert, wie die Tänzerinnen ihre Beine schwingen – bis sie fast vom Stuhl fällt: Da tanzt eine, die exakt aussieht wie sie selbst.

Es ist Christine Steffen und tatsächlich ihre Zwillingsschwester. Als Babys wurden die beiden auseinandergerissen. Marlene wuchs dann im goldenen Westen auf, "Chrissy" in der DDR. Ein doppeltes Lottchen also, getrennt durch die Mauer.

Da gibt es natürlich allerhand Dramen aufzuarbeiten: persönliche, familiäre, politische – wobei letztere in diesem wilden Mix viel zu kurz kommen. Was hätte man aus dem Stoff nicht historisch und gesellschaftskritisch alles machen können!

Trailer zu "Der Palast".
Constantin Film

Aber es ist auch nicht alles schlecht, im Gegenteil. Der Friedrichstadt-Palast als DDR "in a nutshell" kann sich sehen lassen. Wer am Schluss, beim Mauerfall 1989, nicht weint, hat kein Herz. Überhaupt: Der sechste und letzte Teil ist der beste. Da endlich zeigt sich die Perversion der Diktatur ohne Glitter.

Bis dahin aber muss man über einiges großzügig hinwegsehen: die West-Familie aus dem Klischeebuch, zum Teil hölzerne Dialoge und Phrasen und so manchen Revue-Kitsch. Lob verdient die 28-jährige Schauspielerin Svenja Jung in der Doppelrolle der Zwillinge. Von ihr wird man noch einiges sehen – und das zu Recht. (Birgit Baumann, 3.1.2022)