Wer die Verlautbarungen der britischen Regierung zum Brexit hört und liest, kann nie ganz sicher sein: Sprechen hier die erwachsenen Vertreter der sechstgrößten Wirtschaftsmacht der Welt – oder handelt es sich doch eher um die Prahlereien blödelnder Halbstarker?
So war es, als der damalige Außenminister Jeremy Hunt die EU mit einem "Gefängnis" verglich und mit der untergegangenen Sowjetunion gleichsetzte. So war es, als der kürzlich zurückgetretene Chefunterhändler David Frost von Großbritanniens 47-jähriger Mitgliedschaft im Brüsseler Club als "einem langen schlechten Traum" sprach. Auch die Erfolgsbilanz von Premierminister Boris Johnson zum einjährigen Austritt aus Binnenmarkt und Zollunion enthält Passagen, die in ein Satiremagazin gehören. Seine Regierung, brüstet sich der 57-Jährige beispielsweise, habe "das Verbot" aufgehoben, Waren in Pfund zu verkaufen anstatt in Kilo. Mal abgesehen von der albernen Modernitätsverweigerung der Briten, die bekanntlich auch Distanzen noch immer in Meilen messen anstatt in Kilometern – werden Obsthändler auf dem Kontinent etwa verhaftet, wenn sie ihre Ware in Pfund auszeichnen?
Großartig findet Johnson auch, dass sich neuerdings auf den Pint-Gläsern (0,568 Liter) wieder eine Königskrone findet. Hoffentlich tröstet diese grandiose Errungenschaft all jene Briten, die im Pub ihren Kummer ertränken, über die Dümmlichkeiten ihrer Regierung. (Sebastian Borger, 4.1.2022)