Wien – Wenn Peter Klien kommende Woche mit seiner Late-Night-Show "Gute Nacht Österreich" ins ORF-Programm zurückkehrt, wird ihm einer fehlen. Sebastian Kurz, dem er wenige Tage vor dem Rückzug aus der Politik noch im Parlament mit Mikro und – sagen wir: – pointierten Fragen nachgestellt hat. Ein Verlust aus beruflicher Sicht des Satirikers, sagt Klien – als Staatsbürger sieht er das anders.

Auf Reportereinsätze bei Politklausuren und Pressekonferenzen setzt Klien nun bei der zweiten Auflage seines satirischen Wochenrückblicks stark – diese Stärke spielte er in der vor einem Jahr vorerst ausgelaufenen ersten Staffel von "Gute Nacht Österreich" zu wenig aus, sagt er heute.

Ab 2016 war der 51-jährige Altphilologe, Ex-Bibliothekar, Kabarettist und Autor als Außenreporter für "Willkommen Österreich" mit Dirk Stermann und Christoph Grissemann im Einsatz. Seine eigene Late-Night-Show "Gute Nacht Österreich" startete im September 2019 am Donnerstag auf ORF 1, wechselte nach der nächsten Schema-Änderung auf Mittwoch und schließlich mit den letzten Folgen im Jänner 2021 auf den späten Freitagabend. Dort fand sie ihr Publikum. Beiträge etwa über das Netzwerk des damaligen Kanzlers Sebastian Kurz und die Wintertouristik in Corona-Zeiten sorgten im ORF für einige Spannungen und Verwerfungen.

Neue, satire-erprobte Produktionsfirma

Neu ist auch die Produktionsfirma: Die mit sehr politischen, also auch potenziell für den ORF und die Produzenten schwierigen Satireformaten wie "Wir Staatskünstler" und "Die Vier da" erfahrene Gebhard Productions hat auch "Gute Nacht Österreich" übernommen. Die erste Staffel hatte Talk-TV produziert. Die Tochter des Produktionsriesen MR Film betreut etwa "Barbara Karlich Show", "Natur im Garten", "Millionenshow" und "Liebesg'schichten und Heiratssachen".

"Es weiß ja keiner, wie übermorgen der Bundeskanzler heißt" – Klien zum ORF-Neustart

Peter Klien in einer seiner Lieblingsposen für ORF-Kameras.
Foto: ORF / Hans Leitner

STANDARD: Was kann man vom Comeback Peter Kliens ins ORF-Programm am 14. Jänner 2022 erwarten?

Klien: "Gute Nacht Österreich" heißt wie bisher, und das ist schon ein kleiner Hinweis darauf, dass nicht alles neu sein wird. Aber wer die alte kennt, wird trotzdem die neue kaum wiedererkennen – immerhin ist die halbe Regierung neu. Wir können uns eigentlich auch schwer auf die Sendung vorbereiten. Es weiß ja keiner, wie übermorgen der Bundeskanzler heißt.

STANDARD: Aber Peter Klien macht mit seiner Sendung unbeirrt weiter.

Klien: In der Werbebranche würde man vielleicht von einem sanften Relaunch sprechen.

STANDARD: "Gute Nacht Österreich" musste in seinem ersten Leben auf ORF 1 binnen weniger Monate von Donnerstag auf Mittwoch und dann zuletzt auf Freitag wechseln. Wo finden wir es ab Mitte Jänner?

Klien: Auf einem Sendeplatz, von dem ich ziemlich begeistert bin, Freitag um circa 23 Uhr auf ORF 1.

STANDARD: Gleich nach "Was gibt es Neues?" hat ja schon am Ende der ersten Staffel vor einem Jahr am besten funktioniert.

Klien: Erst dorthin verräumt und dann abgeräumt, genau.

STANDARD: Aber spielen Sie dann nicht gegen den TV-Termin von Jan Böhmermanns "ZDF Magazin Royale"?

Klien: Ja. Aber Furcht liegt mir da nicht. Um 22.30 Uhr wäre es die "Heute Show", und "Was gibt es Neues?" funktioniert auch sehr gut. Das ist ein gelernter Unterhaltungsplatz, der ganze Abend steht im Zeichen von Kabarett und Comedy. Ein idealer Ort, um Satirepublikum zu erreichen. Und die großen Böhmermann-Fans sehen ihn ohnehin schon um 20 Uhr im Stream.

STANDARD: Apropos: Wollte die damalige Senderchefin von ORF 1 Sie nicht mit "Gute Nacht Österreich" eher im Streaming sehen, auf der schon lange geplanten Plattform ORF On, Arbeitstitel ORF-Player? Was wurde daraus?

Klien: Es ist angedacht, aber nicht fixiert. Das liegt vor allem daran, dass die Zukunft des Players von der Politik abhängt. Es muss dafür einmal ein neues ORF-Gesetz geben, dann kann man konkret über solche Dinge reden. Es ist sehr traurig, dass sich das so lange hinzieht. Aber natürlich ist Satire für den ORF sehr geeignet, im Internet Präsenz zu zeigen.

STANDARD: Kommt wieder Late Night mit Publikum – wenn es die virale Lage erlaubt?

Klien: Sehr gerne mit Publikum. Und als wir den Neustart fixiert haben, habe ich mir nicht gedacht, dass wir noch einmal ohne Publikum auftreten müssen. Jetzt ist es leider so. Wir haben ein neues Studio, und so können wir dieses neue Studio Schritt für Schritt beziehen.

Klien in seiner Paraderolle als Satire-Reporter.
Foto: ORF / Hans Leitner

STANDARD: Die Rückkehr der Sendung wurde Mitte November 2021 mit Tweets über einen Reportereinsatz Peter Kliens im Parlament praktisch offiziell. Das heißt, Sie sind wieder regelmäßig unterwegs mit besonderen Fragen an Politiker und Politikerinnen?

Klien: Als wichtigste Änderung wird jetzt die Reporterfigur gestärkt. Es war sicher ein Fehler in der ersten Staffel, mit dem Reporter so defensiv umzugehen. Ich bin viel zu wenig zu Außenreportagen losgezogen. Das kennen die Menschen und verbinden das mit mir, das ist eine Stärke, ein Markenzeichen. Wir haben das erst realisiert, als schon Corona gewütet hat – was Außeneinsätze erschwert bis verhindert hat.

STANDARD: Und der kehrt in altbewährter Form wieder.

Klien: Jetzt ist der Plan, dass ich jede Woche hinausgehe und auch ausführliche Beiträge für die Sendung – einen längeren oder zwei kürzere – heimbringe. Mal schauen, wie weit das im Jänner möglich sein wird. Aber einstweilen regiert die Zuversicht. Ausziehen zu Pressekonferenzen und Politterminen, Parteitagen, Klausuren, vielleicht einmal eine Landeshauptleutekonferenz.

STANDARD: Wie kurzfristig reagieren Sie?

Klien: Das ist ein wichtiger Punkt beim Relaunch der Sendung: Wir wollen so tagesaktuell wie möglich sein. Der Reporter soll auch sehr kurzfristig Termine wahrnehmen, wenn eine Pressekonferenz aufpoppt.

STANDARD: Den vertwitterten Reportereinsatz im Parlament mit Schuldfragen an den damaligen Noch-ÖVP-Chef und Ex-Kanzler Sebastian Kurz können Sie also jetzt eher schon archivieren, oder?

Klien: Das dort gedrehte Material hat natürlich mittlerweile einen historischen Schimmer. Noch ist nicht entschieden, was wir damit machen.

STANDARD: Schmerzt den Satiriker, dass ihm der türkise Freundeskreis abhandengekommen ist?

Klien: Auf einer rein beruflichen Ebene ist es für den Satiriker ein Verlust, dass die Regierung in der Form nicht mehr besteht und dass die ÖVP immer schwärzere Streifen bekommt. Sebastian Kurz ist einfach jemand, der niemanden kaltlässt. Mit so jemand kann man in der Satire super arbeiten. Als Staatsbürger bin ich nicht unglücklich, wenn so etwas wie Sachpolitik zurückkehrt. Sachpolitik, oder wie die jungen Leute sagen: hä?

STANDARD: Die aktuelle Besetzung hat schon auch Potenzial.

Klien: Es gilt, sich mit Politik zu beschäftigen, und da ist wahrlich genug los. Man kennt ja den einen oder die andere noch viel zu wenig. Da gilt es Forschungsreisen humoristischer Natur anzustellen.

STANDARD: Wird es das sogenannte "Erklärstück" wieder geben, in der ersten Staffel eine oft investigative Recherche, damals fix in Kooperation mit der Plattform "Dossier"? Alexander Wrabetz hat als ORF-General zum Ende der Show ja durchklingen lassen, dass er da eher keinen Platz für Aufdeckerstorys sieht.

Klien: Es wird auch in Zukunft einen Sendungsschwerpunkt geben in gewohnter Weise, ein Thema der Woche, das wir mit Hintergründen beleuchten wollen und bei dem wir in die Tiefe gehen, Zusammenhänge herstellen, die vorher vielleicht nicht so klar waren. Und das alles satirisch aufbereitet. Der Zugang bleibt gleich bissig. Es wird nur nicht mehr ganz so lang sein wie bisher. Die Sendung wird insgesamt auch ein bisschen kürzer, 25 statt 30 Minuten.

STANDARD: Und das Erklärstück wieder mit "Dossier"?

Klien: Ich bin in gutem Kontakt mit "Dossier". Aber wir können uns als Comedysendung keine eigene Investigativredaktion leisten. Keine Late-Night-Show im deutschsprachigen Raum hat eine – selbst Jan Böhmermann nicht. Wir werden das ähnlich handhaben, wir werden eine starke Redaktion haben und mit verschiedenen Journalistinnen und Journalisten auch aus dem ORF zusammenarbeiten. Wir wollen aber auch mit "Dossier" immer wieder, aber punktuell Geschichten machen.

STANDARD: Wird es Gastauftritte von Kollegen geben, Gernot Kulis als Karl Nehammer gab es ja schon in der Rolle des Innenministers.

Klien: Wir haben weiterhin einen Gast pro Sendung aus der Riege hervorragender Kabarettistinnen und Kabarettisten. Da freue ich mich auf die ersten Gäste.

STANDARD: Die Sie vermutlich ebenso wenig verraten wie das erste Erklärthema oder den ersten Reportereinsatz.

Klien: Sorry, ja.

STANDARD: Und wie lange läuft der Vertrag über die Neuauflage?

Klien: Ein Jahr, 31 Folgen.

STANDARD: Und wie sieht der neue ORF-General die Neuauflage – Satire kann ja auch für Senderchefs anstrengend werden?

Klien: Ich habe ihn noch nicht kennengelernt, weiß aber, dass er das Projekt unterstützt – das ist keine Sendung gegen seinen Willen. Ich bekomme von der neuen Programmdirektorin und vom Unterhaltungschef viel Unterstützung. Das macht mich sehr zuversichtlich, dass dieser Neustart auf stabilen Beinen steht.

STANDARD: Gibt es eine Quotenvorgabe?

Klien: Nein, keine konkrete. Aber ich denke mir, bei einem einstelligen Marktanteil gibt es Redebedarf. (Harald Fidler, 5.1.2022)