Wasserstoff kann gut gelagert und bei Bedarf mittels Brennstoffzelle in elektrische Energie rückverstromt werden.

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Es ist ein virtueller Großversuch mit anspruchsvollem Ziel: Bis Mitte 2023 soll am Beispiel von mehreren Salzburger Städten und Marktgemeinden der Einsatz von grüner Energie berechnet und so optimiert werden, dass auf Basis dieser regenerativen Energiequellen eine kontinuierliche regionale Stromversorgung garantiert werden kann.

Die Problemstellung ist an sich bekannt: Photovoltaik und Windenergie sind extrem vom Wetter, von der Tageszeit beziehungsweise der Jahreszeit abhängig. Die Möglichkeiten, diese Energie einigermaßen effektiv zu speichern, um dann bedarfsgerecht für Haushalt, Gewerbe oder Mobilität abrufbar zu haben, sind bisher im Wesentlichen auf Akkumulatoren oder Pumpspeicherkraftwerke beschränkt.

Dazu kommt bei der wetterabhängigen Energieerzeugung in größerem Maßstab, dass eine schlagartige Wetteränderung einen rapiden Spannungsabfall mit sich bringen kann. Dieser kann sich sogar bis in die übergeordneten Stromnetze fortsetzen.

Modellgemeinden

Eine Lösungsmöglichkeit für diese Probleme sei der Einsatz von Wasserstoff, sagt Georg Brunauer, Professor in den Studiengängen Smart Building und Smart Citys an der Fachhochschule Salzburg. Die Technologie dazu sei das Speichersystem Power-to-Gas-Wasserstoff: Dabei wird Wasserstoff durch die Elektrolyse von Wasser erzeugt.

Der produzierte Wasserstoff liegt damit in einer speicherbaren Form vor, kann in Gasflaschen bevorratet werden und bei Bedarf mittels Brennstoffzelle in elektrische Energie rückverstromt werden.

Wie dieser an sich bekannte Prozess in größerem Maßstab umgesetzt werden kann, ist Thema eines bis Mitte 2023 anberaumten Forschungsprojekts, das das dynamische Systemverhalten virtuell abbilden soll. Modellgemeinden sind die Salzburger Stadtgemeinden Bischofshofen, Mittersill und Radstadt sowie die Marktgemeinden Altenmarkt und Wagrain. Alle Gemeinden zusammen haben rund 27.000 Einwohner, also eine nicht unerhebliche Größe.

DerStandard

Im Unterschied zu bisherigen Berechnungsmodellen, die immer nur eine Komponente – also Photovoltaik, Elektrolyse, Brennstoffzelle oder Speicher – abgebildet haben, soll dabei erstmals das Zusammenspiel aller Teilbereiche erfasst werden. Eines der Ziele des Projekts sei die Entwicklung "einer intelligenten und prädiktiven Regelung" für das Zusammenspiel der Systemkomponenten, "unter Einbindung eines Optimierungsalgorithmus zur Berücksichtigung von Lastmanagement und Wetterprognose", erläutert Brunauer, der das Forschungsprojekt leitet.

Schutz vor Blackout

Ganz nebenbei hat diese Form der Regionalisierung der Stromerzeugung noch einen wichtigen Zusatznutzen: Die mit Wasserstoffspeichersystemen ausgestatteten Gemeinden können sich durch die Regionalisierung der Energieversorgung auch besser vor möglichen Blackoutszenarien schützen.

Auf der Forschungsseite deckt die Fachhochschule Salzburg dabei die Wasserstofftechnologie und die Verfahrenstechnik ab. Die Modellierung und dynamische Simulation übernimmt das Institut für Energietechnik und Thermodynamik an der Technischen Universität Wien. Als Industriepartner sind der regionale Energieversorger Salzburg AG, die Salzburger Aluminium Group SAG und der Zellstofferzeuger Austro Cell in Hallein dabei.

Demonstrationsanlage in Kuchl

Wesentlicher Bestandteil des mit rund 570.000 Euro dotierten Projekts ist die praktische Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse. Dazu sei die Errichtung "einer funktionsfähigen Demonstrationsanlage" an der Fachhochschule Salzburg zur Umwandlung und Speicherung der aus der bestehenden Photovoltaikanlage gewonnenen Energie geplant. Umgesetzt wird dieses Demo-Lab von der Novapecc GmbH, die 2012 als Spin-off der Technischen Universität Wien gegründet worden ist.

Die Ergebnisse aus den Berechnungen in den Modellgemeinden wie aus den praktischen Erfahrungen der an der FH Salzburg am Standort Kuchl installierten Anlage gewonnenen Erkenntnisse ergeben dann die Basis für die Konzeptionierung konkreter wasserstoffbasierter Energiesysteme in den Modellgemeinden. (Thomas Neuhold, 14.1.2022)