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Genies haben es in Österreich immer schwer gehabt. Endlich kann Kurz Kritiker Lügen strafen und beweisen, was er wirklich kann.

Foto: Reuters/Lisi Niesner

Go West, Young Man! Dass dieser uramerikanische Richtungshinweis zum Erfolg ausgerechnet hierzulande situationsbedingte Urständ feiert, beweist, dass Österreich eben doch die kleine Welt ist, in der eine größere ihre Probe hält. Nun folgt ihm Sebastian Kurz, und wie es ausgeht, wird man sehen. Nach den mageren Jahren als Bundeskanzler muss ein Familienvater ans Verdienen denken, auch wenn es nicht leicht ist, es dabei allen recht zu machen.

Wurde bei früheren Kanzlern der weite Spagat zwischen vormaligen Idealen und neuen Geschäftspartnern oft als Diskrepanz empfunden, erscheint es nun vielen auch wieder nicht angemessen, wenn die politischen und die geschäftlichen Ideale von Dienstgeber und Dienstnehmer gar zu gut zueinanderpassen.

Um- und rückgefärbte Partei

Ein wenig nostalgisches Abendrot aus der Kanzlerschaft Kurz schimmerte ins neue Jahr herüber, was Karl Nehammers Auftrag, diese möglichst rasch vergessen zu machen, nicht erleichtert. Für ein Großtalent, als welches er gelegentlich gefeiert wurde, fiel die veröffentlichte Trauer mangels an Beweisen eher verhalten aus. Was in der von ihm um- und nun wieder rückgefärbten Partei dazu geäußert wurde, ist kaum geeignet, ihn unter deren große Vorsitzende zu reihen. Das ließ, wie zu erwarten, den Seufzer laut werden, Dankbarkeit sei eben keine politische Kategorie.

Dankbarkeit wofür? Für viele sind die Jahre seiner Kanzlerschaft verlorene für Österreich, für seine Partei waren sie letztlich bestenfalls ein Nullsummenspiel. Er hat sie im Bund zur stärksten Partei gemacht, und als seine Methode des Regierens nicht mehr funktionierte, in der Justiz Untersuchungen provozierte und in der öffentlichen Meinung damit an Ansehen verlor, war es mit der versprochenen Herrlichkeit wieder vorbei. Dafür haben ihm die "Granden" der Volkspartei nicht, wie von ihm gefordert, die Alleinvertretung übertragen. Dafür haben sie sich als alte Hasen einer alten Politik nicht einem Dreißigjährigen unterworfen, ihn nicht mit fast hundertprozentigen Wahlergebnissen und zuletzt auch noch mit Treueschwüren gestärkt – um am Ende blamiert dazustehen.

Verdrehung der Tatsachen

An seinen politischen Gegnern in den anderen Parteien ist Kurz nicht gescheitert. Wenn es jetzt heißt, er wäre am Machtwillen seiner Partei gescheitert, ist das eine Verdrehung der Tatsachen. Gescheitert ist er an einem Regierungsstil, der darauf hinauslief, sich mit einer Schar ergebener Handlanger und gekauften Medien einen Staat für sich zurechtzubiegen. Wenn ihm – wenn auch ungewollt – etwas Positives gelungen ist, dann der Beweis, dass der demokratische Rechtsstaat noch immer funktioniert.

Man muss die ÖVP nicht dafür bedauern, dass sie nun bei noch vorhandenen Kurz-Fans eine schlechte Presse hat. Sie hat sich auch gewiss nicht schmerzlos von Kurz losgesagt und hätte es schon gar nicht von der "türkisen Idee" getan, wenn die sich als tragfähige Basis künftiger Mehrheiten erwiesen hätte. Und sie hätte auch sicher lieber die Jahre unter ihm als Erfolgsgeschichte eines modernen Konservativismus gegen großkoalitionäre Stagnation erzählt. Wenn es da etwas gegeben hätte.

Genies haben es in Österreich immer schwer gehabt. Endlich kann Kurz Kritiker Lügen strafen und beweisen, was er wirklich kann. Wehe dem Staatsanwalt, der ihn daran hindern will. (Günter Traxler, 7.1.2022)