Die neue Botschafterin wurde von Außenamtsgeneralsekretär Peter Launsky-Tieffental empfangen.

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Als Victoria Reggie Kennedy zum ersten Mal nach Wien kam, war ihre Ankunft weniger glamourös. Mit ihrem Bruder tourte die US-Amerikanerin während ihrer Studienzeit durch Europa, geleitet von dem Buch "Europe on $5 to $10 a day". So schilderte Kennedy ihr Kennenlernen mit der Stadt vor dem US-Senat im vergangenen Oktober im Zuge ihrer Anhörung zur Bestätigung als US-Botschafterin in Österreich.

Freitagfrüh landete sie schließlich in Schwechat, um ihren neuen Job als US-Chefdiplomatin in Wien anzutreten. Am VIP-Terminal stellte sie sich dem Fotopoint und erinnerte abermals an ihre ersten Besuche im Land: Sie habe damals ihre Liebe zur Oper entdeckt – nie hätte sie sich gedacht, dass sie einmal als Vertreterin der USA "in dieses wunderschöne Land" zurückkehren würde.

Retterin des Clan

Die Personalie war schon vor Monaten durchgesickert, spätestens im Oktober war es dann offiziell: Wien bekommt eine Kennedy als US-Botschafterin. "Vicki" Kennedy ist die Witwe des 2009 verstorbenen Ted Kennedy, also des jüngeren Bruders von Präsident John F. Kennedy. Die 67-Jährige hat den langjährigen US-Senator Anfang 1992 in zweiter Ehe geheiratet – und galt fortan als so etwas wie die Retterin des berühmten Politclans.

Nicht nur, weil sie den wegen Alkohols und sonstiger Eskapaden in Verruf geratenen Ted Kennedy wieder in geregelte Bahnen brachte und ihm so wohl den demokratischen Sieg um den Senatssitz gegen Mitt Romney 1994 rettete. Auch soll sie eine Schlüsselfigur in der Familie nach dem tragischen Tod von Präsidentensohn John F. Kennedy Junior 1999 gewesen sein.

Kennedy studierte Jus an der Tulane University in New Orleans.
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Schon lange bevor die Diplomatin ihre Managementtalente im Kennedy-Clan unter Beweis stellte, profilierte sich die US-Amerikanerin mit maronitisch-libanesischen Wurzeln als prominente Juristin vor allem im Bankenrecht. Als zweites von sechs Kindern wuchs Kennedy in Louisiana in einer katholischen Familie auf. Mit ihrem ersten Ehemann hat sie zwei Kinder. Beide ihre Eltern waren schon in den 1950er-Jahren für die demokratische Partei aktiv, ihr Vater unterstützte JFK in seinem ersten – erfolglosen – Wahlkampf.

Ihr zweiten Mann Ted Kennedy machte sie 1997 zu seiner Beraterin. Nach seinem Tod 2009 lehnte sie es aber ab, seinen Senatssitz interimistisch zu übernehmen. Sie engagierte sich schon seit Jahren gegen Waffengewalt an Minderjährigen und für Frauenrechte.

Als Botschafterin in Wien übernimmt sie nun einen begehrten Posten im diplomatischen Reigen. Österreich sei "ein ganz besonderer Ort", ließ Kennedy bei ihrer Ankunft in Schwechat wissen. Begrüßt wurde sie vom Außenamtsgeneralsekretär Peter Launsky-Tieffenthal.

Schon bei ihrer Anhörung vor dem Senat in Washington im Oktober bezeichnete sie Österreich als "sehr interessante und einzigartige Position". Das Land sei neutral, aber "fest verankert in der EU und den transatlantischen Beziehungen". Sie unterstrich außerdem Österreichs Rolle als "Brückenbauer", vor allem mit Blick auf Russland.

Havanna-Syndrom "oberste Priorität"

"Oberste Priorität" in Wien habe für Kennedy das mysteriöse "Havanna-Syndrom". Seit 2016 sind immer wieder Bedienstete von US-Botschaften weltweit von dem diffusen Krankheitsbild betroffen, der Ursprung ist bisher nicht aufgeklärt. Im vergangenen Jahr waren laut Medienberichten aber auch dutzende Personen in Wien betroffen. Der Chef der CIA in Wien musste im September laut "Washington Post" deshalb sogar seinen Posten räumen.

Kennedy nehme das Problem aber "sehr ernst", gab sie im Oktober an. Es gehe dabei nicht nur um medizinische Versorgung, sondern auch darum, "dem auf den Grund zu gehen und es zu verhindern". Sie betonte außerdem, dass sie nicht mehr über das Syndrom wisse, als öffentlich bekannt sei.

Offiziell wird sie ihren Posten am Mittwoch nach der Übergabe ihres Beglaubigungsschreibens an Bundespräsident Alexander Van der Bellen antreten. Die Demokratin Kennedy übernimmt den Posten von ihrem Vorgänger Trevor Traina, der im vergangenen Jänner mit Ende der Präsidentschaft Donald Trumps seine Stelle verlassen hatte. Seitdem war das Amt vakant, zuletzt wurde es interimistisch von Mario Mesquita geführt. Dieser wird nun Kennedys Stellvertreter. (APA, saw, 7.1.2021)