Becker war drei Jahre lang Trainer von Djokovic.

Foto: imago images / PanoramiC

Melbourne – Einen Tag vor der Gerichtsverhandlung zur möglichen Ausweisung von Tennis-Star Novak Djokovic hat der mit dem Fall befasste Richter einen Antrag der australischen Regierung zur Vertagung abgelehnt. Richter Anthony Kelly bestätigte, dass das Verfahren wie geplant am Montag um 10 Uhr Ortszeit (0 Uhr MEZ) fortgesetzt werde. Die australischen Behörden wollten die Verhandlung auf Mittwoch verschieben, um mehr Zeit zu gewinnen.

Djokovics Anwälte hatten am Samstag eine Covid-19-Infektion ihres Mandanten im Dezember als Basis für eine Ausnahmegenehmigung zur Einreise nach Australien angeführt. Diese sei demnach auch erteilt worden. Die australische Seite weist das zurück: In den Ausführungen der Regierungsanwälte heißt es, die Behörden hätten Djokovic keineswegs zugesagt, dass er von den Einreisebestimmungen ausgenommen werden könne.

Der Turnierdirektor der Australian Open, Craig Tiley, hofft, dass Novak Djokovic zum Turnier antreten kann.

Urteil am Montag erwartet

Der offensichtlich nicht gegen Corona geimpfte Djokovic war am Mittwochabend in Melbourne gelandet, die Grenzbeamten entzogen ihm wegen angeblich unzureichender Dokumente aber das Visum. Seither sitzt der Weltranglisten-Erste in Melbourne in einem Abschiebehotel fest und wartet auf die gerichtliche Anhörung. Seine Anwälte kämpfen darum, dass Djokovic möglichst bald in ein anderes Hotel verlegt wird, um sich auf die am 17. Jänner beginnenden Australian Open vorzubereiten. Dort hat der 34-Jährige als Titelverteidiger seinen 21. Grand-Slam-Turniersieg im Visier.

Laut den australischen Behörden wurde Djokovics Visum für das Land wegen fehlender Impfnachweise annulliert. Die Anwälte des Serben haben diese Annullierung beeinsprucht und sollen am Montag vor Gericht mit ihrer Darstellung beginnen. Die Regierungsbehörden hätten laut Angaben des Gerichts dann ab 15.00 Uhr Ortszeit (5.00 Uhr MEZ) zwei Stunden Zeit für ihre Verteidigung. Frühestens danach soll ein Urteil gefällt werden.

Demonstranten und Anwälte

Vor dem Abschiebehotel im Melbourner Stadtteil Carlton, in dem sich der Tennis-Star nun den vierten Tag befand, versammelten sich am Sonntag erneut einige Demonstranten, um gegen das Festhalten von Menschen in der Einrichtung zu protestieren – darunter neben Impfgegnern und Djokovic-Fans auch Flüchtlingsanwälte. Laut deren Angaben sollen aktuell 36 Flüchtlinge im Park Hotel festgehalten werden, einige davon seit bis zu neun Jahren.

Djokovic habe laut Aussagen von Serbiens Premierministerin Ana Brnabić Trainingsgeräte und eine Sim-Karte erhalten, zudem wird er mit glutenfreien Mahlzeiten versorgt. "Das ist ein positives Zeichen von australischer Seite", sagte Brnabić. Die serbische Regierung sei bereit, alle notwendigen Garantien abzugeben, um Djokovic die Einreise nach Australien zu ermöglichen.

Becker: "Er ist kein Idiot"

Boris Becker hat indessen seinen früheren Schützling Djokovic angesichts der anhaltenden Kritik in Schutz genommen. Dass der Weltranglistenerste nicht geimpft sei, findet Becker nicht gut, gleichzeitig betont der 54-Jährige aber laut "Bild"-Zeitung: "Man muss seine Entscheidung respektieren. Nur weil man sich nicht impfen lässt, ist man nicht automatisch ein schlechter Mensch."

Becker tut die Situation "in der Seele weh", wie der frühere Wimbledon-Champion sagte: "Natürlich sind vor dem Gesetz alle gleich, doch er hat es nicht verdient, wie man aktuell mit ihm umgeht." Becker glaubt nicht, dass Djokovic fahrlässig gehandelt habe. "Er ist im guten Glauben nach Australien geflogen, eine gültige Einreisegenehmigung zu besitzen. Wären die Papiere, die er erhalten hat, nicht in Ordnung gewesen, wäre Novak niemals in den Flieger gestiegen. Er ist ja schließlich kein Idiot." (APA, luza, 9.1.2022)