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Geht er mit Ende der Amtsperiode, stellt er sich der Wiederwahl? Alexander Van der Bellen genießt breite Zustimmung zu seiner Amtsführung und für den Fall einer neuerlichen Kandidatur – nur die Freiheitlichen und die MFG-Anhänger reiben sich am Staatsoberhaupt.

Foto: Reuters/Foeger

Linz – Etwa die Hälfte der österreichischen Wahlberechtigten sagt, dass sich ihr Eindruck von Bundespräsident Alexander Van der Bellen in den vergangenen Monaten zumindest teilweise verbessert hat – nur 27 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sie persönlich von Van der Bellen enttäuscht seien. Das geht aus einer aktuellen Market-Umfrage im Auftrag des STANDARD hervor.

Gut ein Dreivierteljahr vor dem regulären Wahltermin stellt sich die Frage, ob Van der Bellen eine zweite Amtszeit anstreben wird – und wie Parteien und Wähler darauf reagieren würden.

Die Umfragedaten dazu sind eindeutig – und seit Jahresmitte 2021 stabil: 40 Prozent sagen, er solle "auf jeden Fall" noch einmal antreten, weitere 23 Prozent wünschen sich das "eher schon". Allerdings gibt es auch 18 Prozent, die sich keinesfalls ein neuerliches Antreten wünschen, plus 19 Prozent, die ihn "eher nicht" nochmals auf dem Wahlzettel sehen wollen.

Diese Wünsche folgen weitgehend den Parteigrenzen: Die Gruppen der Grün-Wähler und der Sozialdemokraten sind in besonders hohem Maße für eine Wiederkandidatur, aber auch unter ÖVP-Wählern findet sich eine Mehrheit von 37 Prozent starker und 28 teilweiser Zustimmung. Umgekehrt sind die FPÖ-Wähler mit 56 Prozent völliger und 34 Prozent teilweiser Ablehnung mehrheitlich dagegen.

FPÖ-Wähler lehnen Van der Bellen weiterhin ab

Ein ähnlich parteipolitisch geprägtes Muster ergibt sich, wenn man sich die – stets am Beginn des Fragenblocks stehende – Frage zur generellen Einschätzung der Wahl von 2016 ansieht. Market stellte sie so: "Vor etwa fünf Jahren fand die Bundespräsidentenstichwahl statt, und es wurde Alexander Van der Bellen zum Bundespräsidenten gewählt. Was würden Sie sagen – wie zufrieden sind Sie so alles in allem mit dem Ergebnis der Bundespräsidentenwahl?"

Dabei bezeichnen sich 37 Prozent als "sehr zufrieden", 30 Prozent als "zufrieden", zwölf als "weniger zufrieden" und 16 Prozent als "gar nicht zufrieden". Erwartungsgemäß sind die Grün-Wähler zu 79 Prozent sehr zufrieden, die SPÖ-Wähler zu 50 Prozent. Umgekehrt äußern sich 71 Prozent der FPÖ-Wähler als völlig unzufrieden mit der Wahl Van der Bellens. Zur Erinnerung: Der ehemalige Grünen-Chef hatte sich im zweiten Wahlgang am 4. Dezember 2016 mit 53,8 Prozent gegen den von der FPÖ aufgestellten (späteren Parteiobmann) Norbert Hofer durchgesetzt.

Und diese Verteilung zeigte sich auch in den ersten Umfragen nach der Wahl – der Eindruck verbesserte sich bis in den Dezember 2019 schrittweise. Seither ist er wieder etwas schlechter geworden, wohl nicht zuletzt weil Van der Bellen mit der Corona-Politik der Bundesregierung in Verbindung gebracht wird. Jene, die dreifach geimpft sind, bekunden jedenfalls wesentlich höhere Zustimmung als Ungeimpfte, Genesene oder Teilgeimpfte.

Heißt das nun, dass Van der Bellen sicher wiedergewählt würde, sollte er sich zu einer Wiederkandidatur entschließen? "Das kann man so nicht sagen", betont Market-Wahlforscher David Pfarrhofer. "Weder ist bekannt, ob der Herr Bundespräsident noch einmal antreten will, noch kann man abschätzen, wer sonst noch antreten würde. Daher kann man auch in der Umfrage nur eine Hypothese vorlegen. Eine gültige Prognose ist nicht möglich."

Dies sei auch bei der Interpretation der Frage zu bedenken, ob die Wahlberechtigten lieber Van der Bellen wiederwählen oder eher einem "anderen, besseren Kandidaten" die Stimme geben würden. In der so gestellten Alternative würden sich 51 Prozent eher an den Amtsinhaber halten, 33 erhoffen sich einen "besseren Kandidaten".

Pfarrhofer: "Dass sich die Freiheitlichen und wohl auch die MFG-Wähler einen aus ihrer Sicht besseren Kandidaten wünschen, ist wenig überraschend. Diese Leute geben auch mehrheitlich an, dass sie vom Bundespräsidenten enttäuscht seien und dass dieser die Anliegen seiner Wähler verraten habe – obwohl nur wenige Freiheitliche 2016 für Van der Bellen gestimmt haben. Aber da gibt es eben ein verfestigtes Bild der Ablehnung."

Das Idealbild, dass ein Bundespräsident die Interessen der Republik vertritt und ein Präsident "für alle Österreicherinnen und Österreicher" ist, entsteht bei dieser Gruppe nicht. Zwei Drittel der Freiheitlichen erkennen den amtierenden Bundespräsidenten eben nicht als Vertreter der gesamten Bevölkerung an.

Über die Parteigrenzen hinweg sehen die Anhänger von SPÖ und ÖVP, von Grünen und Neos den Bundespräsidenten als über den Parteiinteressen stehend an. Den FPÖ-Wählern ist diese Sichtweise fremd. (Conrad Seidl, 11.1.2022)