Neurologe Michael Stingl warnt vor Long Covid.

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Jeder sei müde, nur das Virus nicht. "Es überrascht uns mit immer neuen Mutationen." Was Gerald Rockenschaub von der Weltgesundheitsorganisation bei Im Zentrum sagte, versuchte der Komplexitätsforscher Peter Klimek mit Zahlen zu unterlegen: Im Lauf der Omikron-Welle könnten sich in Österreich bis zu 1,7 Millionen Menschen mit dem Virus anstecken. Geht man davon aus, dass rund zehn Prozent der Infizierten an Long Covid laborieren werden, ist der persönliche und wirtschaftliche Schaden enorm.

Dieses Damoklesschwert, quasi eine Nebenerscheinung der "kontrollierten Durchseuchung", spiele aber in der öffentlichen Kommunikation keine allzu große Rolle, kritisierte der Neurologe und Long-Covid-Spezialist Michael Stingl. "Es geht nicht nur um Intensivstationen, Tod oder Lungenschäden." Zehn Prozent der Menschen würden sich nicht so einfach von einer Corona-Erkrankung erholen und blieben "anhaltend krank".

Nicht mehr arbeitsfähig

Das betreffe auch junge Leute, die einen milden, nicht selten auch asymptomatischen Verlauf haben. Und weil wirtschaftliches Leid häufig wichtiger als persönliches Leiden zu sein scheint, brachte Stingl auch die ökonomische Vernunft ins Spiel: Viele der Langzeitkranken würden nicht mehr arbeitsfähig werden.

Genaue Zahlen zu Long Covid würden nicht erhoben, genauso wenig wie eine breitflächige Versorgung der Erkrankten garantiert werde, monierte Stingl. Katharina Reich, Österreichs oberste Gesundheitsbeamtin, konterte aus ihrer "freiwilligen Selbstisolation" im Gesundheitsministerium heraus, dass die Regierung das Problem sehr wohl auf dem Schirm habe, aber: "Wir wollen nicht Long Covid behandeln, sondern dass die Menschen kein Long Covid bekommen." Wie? Das gehe nur mit der Impfung. Für viele wird das wohl zu spät sein. (Oliver Mark, 10.1.2022)