Lena Mattson führte drei Jahre eine Bar in New York.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das June ist ein auf Naturwein fokussiertes Lokal in Brooklyn, das vom noblen Condé Nast Traveler und der Hipsterplattform Eater gleichermaßen als eine der besten Bars von New York City gelistet wird. Irgendwas muss Lena Mattson also vom Geschäft verstehen, immerhin führte sie den Laden über drei Jahre.

Die Burgerbucht in Neusiedl am See war bis vor wenigen Monaten ein Burgerjoint mit acht Verabreichungsplätzen, der wegen seiner zuverlässigen Cheeseburger aus konsequent regionalen Zutaten in der Gegend einen Ruf wie Donnerhall genoss. Irgendwas muss Baptist Niessl also vom Geschäft verstehen, immerhin baute der junge Mann, der zuvor bei der Brauunion gearbeitet hatte, den Imbiss mit dem verwirrenden Namen (liegt im Ortskern, nicht etwa am See) nicht nur auf, sondern grillte die Burger auch selbst.

Jetzt kam zusammen, was auf ersten Blick eher nicht zusammengehört. Dass sich Lena und Baptist das Uralt-Fortgehlokal Neusiedler in der kleinen Stadt am See gekrallt und zu einem Naturwein-Kompetenzzentrum samt Burgergrill geformt haben, ist einer Weinreise der New Yorkerin zu verdanken. Da lernte sie den großen Christian Tschida oder die Tscheppes von Gut Oggau persönlich kennen, aber auch Anna und Alex Koppitsch aus Neusiedl – ebenso Big Names der Naturweinszene in Übersee, hierorts aber so gut wie unbekannt, weil sie ihren Wundersaft ausschließlich exportieren.

Steppenrind oder vegetarisch

"Hier kriegt man das vielleicht nicht mit, aber all diese Winzer haben echten Celebrity-Status in New York", erzählt Lena, "hier merkte ich, dass die noch dazu richtig nett sind." Bei einem weiteren Trip als Erntehelferin bei den Koppitschs war es dann so weit: Die Hipsterwirtin und der Burgerbrater trafen aufeinander, es hat "plopp" gemacht, und sie blieb da. Danke, Baptist!

Im Neusiedler bauten die beiden eine neue Küche ein, farbelten die eher düstere Lamperie auf Zitronengelb und Puderrosa um und sorgten auch sonst für erfrischende, angenehm spleenige Stimmung. Die Burger, mit Fleisch von Karlo in Pamhagen und Buns von einer Bäckerei in Bruck, sind zuverlässig klassisch und werden aufgrund lokaler Vorlieben nur auf Wunsch nicht well-done serviert.

Jener mit Steppenrind aus dem Seewinkel kostet ein bissl mehr, eventuell vorhandene geschmackliche Vorzüge werden aber mittels Knusperspeck und Barbecuesauce in den Hintergrund gedrängt. Für Vegetarier wird ein Burger mit selbstgemachtem Patty aus Bohnen, Zucchini und Karotte gegrillt, außerdem gibt es selbstgemachte Pommes (sehr knusprig, riesige Portion) und Zwiebelringe (noch knuspriger, aber auch fetter) und sehr gute gegrillte Shishito Peppers mit Aioli.

Unerhört guter Stoff

Die Burger, mit Fleisch von Karlo in Pamhagen und Buns von einer Bäckerei in Bruck, sind zuverlässig klassisch.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Die eigentliche Sensation ist im Flüssigen zu suchen. Was hier an Naturwein-Herrlichkeiten aus Österreich, Italien, Deutschland, den USA, Tschechien und, vor allem, dem Naturwein-Mutterland Frankreich gelistet ist, wird man in dieser Konzentration kaum wo im Land finden – und zu so herzerwärmend kulanten Preisen schon gar.

Von den Jura-Ikonen Jean-François und Anne Ganevat mit etlichen, auch ganz großen Flaschen über Yann Durieux und Frédéric Cossard aus der Bourgogne bis zu Champagner-Magier Timothée Stroebel: unerhört guter Stoff, abenteuerlich gut kalkuliert. Dass man hier unbedingt mehrere Flaschen aufreißen will und nach dem ersten Burger und den ersten Flaschen irgendwann etwas Ordentliches zu knabbern braucht, ist den Betreibern bewusst. Soll auch nicht mehr lange dauern, das Jahr ist ja noch jung. (Severin Corti, RONDO, 14.1.2022)

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