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Von links: Estelle Getty, Rue McClanahan, Bea Arthur und Betty White bei den Dreharbeiten zu "Golden Girls" im Jahr 1985.

Foto: AP/Nick Ut

Cynthia Nixon, Sarah Jessica Parker und Kristin Davis (von links) in "And Just Like That" (2021).

Foto: HBO / Sky

Viele haben sich dieser Tage wohl gern an die US-Sitcom "Golden Girls" zurückerinnert. Betty White ist am 31. Dezember 2021 im stolzen Alter von 99 Jahre gestorben. Die Produzentin, Entertainerin und Schauspielerin verkörperte in der Serie die großherzige und etwas naive Rose Nylund. White war das einzige noch lebende Golden Girl. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Beatrice Arthur, Rue McClanahan und Estelle Getty entstanden 180 Folgen, in denen auch gesellschaftspolitische Themen – von Homofeindlichkeit über Alterseinsamkeit bis zu Geschlechterdiskriminierung – verhandelt wurden. Und: Die Serie vermittelte uns Anfang der 1990er-Jahre auch verlockende Zukunftsszenarien. Die Freund*innen wohnten beileibe nicht aus Not und Verzweiflung ob fehlender Männer zusammen. Ihre Gemeinschaft wurde nie als Verlegenheitslösung dargestellt, sondern als verlässliche Clique, in der die Einzelne aufgefangen wird, wenn sie fällt.

Und "Golden Girls" lieferte für Frauen noch weitere Verheißungen: Käsekuchen spätnachts, gemütliche weite Klamotten – siehe Dorothy –, damit trotzdem nichts zwickt und zwackt, alle paar Wochen zum Friseur, um eine Dauerwelle legen zu lassen, Lippenstift in Koralle oder Pink, ein bisschen Rouge – und fertig ist die fesche Mittfünfzigerin. Auf Karrieren und symbolisches Kapital pfiffen Blanche, Rose, Dorothy und Sophia sowieso schon längst. So war das bei den "Golden Girls".

Völlig verblendete Nostalgie? Von wegen! Den Beweis, dass wirklich alles schlechter oder, sagen wir, zumindest arbeitsintensiver und anstrengender wird, lieferte ein Hinweis der US- Journalistin Flora Gill auf Twitter. Die Figuren der "Golden Girls" waren bei der ersten Staffel teils jünger als die drei Darstellerinnen der "Sex and the City"-Fortsetzung "And Just Like That". Dorothy war um die 53 und die Figur der Rose 55. Die Hauptdarstellerinnen von "And Just Like That", Sarah Jessica Parker und Kristin Davis, sind – im echten Leben – 56, und Cynthia Nixon ist 55.*

Doch nur Nixon trägt einen verhältnismäßig unkomplizierten Haarschnitt mit natur- und altersgemäß grauen Haaren, was auch noch als "Tabubruch" ausgewalzt wurde. Parker und Davis haben hingegen Wallemähnen, die in dem Alter schon einigen Aufwand bedeuten und die auch nur ein paar wenige 20-Jährige halbwegs von Natur aus haben. Auch die ärmellosen Tops und die kurzen Röcke der "SATC"-Frauen zeugen von harter Arbeit am Körper, der in dieser Phase des Lebens wirklich nur mehr mit verdammt hartem Training Muskeln aufbaut, während man in den Zwanzigern eine Hantel nur anschauen brauchte, und die Muskeln waren schon hübsch definiert.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Es ist super, dass Frauen mit fünfzig, sechzig oder siebzig Klamotten anziehen, die sie auch als Dreißigjährige getragen hätten. Wäre ja noch schöner, immerhin tun das Männer auch ständig. Allerdings tun das Parker und Co erst, nachdem sie eine Lawine Geld und Zeit in Schönheitsarbeit gesteckt haben, was für die Durchschnittsfrau keine Möglichkeit ist. Besser wäre es also, wenn wir endlich massig Frauen mit ihren Durchschnittskörpern im TV sehen würden, auch jenseits der 50.

Angenehme Erinnerungen

Doch stellen Sie sich den medialen Umgang mit Parker und Co vor, wenn sie ihre schicken Klamotten tragen würden und dabei gemütlich-gewachsene Fünfzig-plus-Körper hätten. Der Hass, das Body-Shaming, die Häme wären ihnen gewiss. Aber Moment! Wurden insbesondere Sarah Jessica Parker und Kristin Davis nicht trotz ihres Aufhebens um ihr Äußeres massiv kritisiert? Doch, wurden sie. Dass Parker zu viel Falten und Davis zu viel gebotoxt hätte. Ja, was nun!

Der Anspruch an das Aussehen von älteren Frauen ist offenbar gestiegen, hält man sich daran und macht tüchtig mit, dann bringt einer das ebenso massive Kritik ein, wie wenn man darauf pfeift. In letzterem Fall würde wohl auch die Produktionsfirma einer finanziell aufwendigen TV-Serie in diesem Genre höflich, aber bestimmt "Nein, danke" zu den Fünfzig-plus-Darstellerinnen sagen. Und wir bleiben wieder einmal mit einem Wust an widersprüchlichen Anforderungen an Frauen zurück.

Na bitte, angesichts dessen fühlen sich Erinnerungen an die Golden Girls wohl zu Recht höchst angenehm an. (Beate Hausbichler, 13.1.2022)