Die Behörden haben entschieden: Das sogenannte Antikorruptionsvolksbegehren kann zwischen 2. und 9. Mai unterschrieben werden.

Den Proponenten des Volksbegehrens geht es darum, durch eine ganze Reihe von zum Teil detaillierten Maßnahmen im Bereich der allgemeinen Politik, der Verwaltung, der Justiz und der Medienpolitik jene Verfallserscheinungen im öffentlichen Leben zu korrigieren, die in den letzten Jahren aufgetreten sind. Und die letztlich demokratiegefährdend sind.

Der türkis-blaue Machtmissbrauch, der sich auch unter Türkis-Grün fortsetzte, bis die Grünen Sebastian Kurz als Kanzler den Stecker zogen, ist der aktuelle Anlass.

Verfassungsjurist Heinz Mayer bei einer Pressekonferenz zum Antikorruptionsvolksbegehren.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Aber "der gelernte Österreicher", um diese beliebte Phrase ungegendert zu verwenden, geht natürlich davon aus, dass alle "da oben" im Grunde korrupt sind und zum Machtmissbrauch neigen, dass es in Wahrheit keine "saubere" Partei gibt. Das ist nicht ganz falsch, Korruption tritt immer wieder auf. So hat sich doch die SPÖ einiges zuschulden kommen lassen, als sie noch an der (absoluten) Macht im Bund war. Das wurde allerdings mühsam aufgearbeitet. Österreich als ein Staat mit hohem Parteieneinfluss, einem immer noch starken öffentlichen Sektor und einer gewissen Schlawiner-Tradition bietet wahrscheinlich einen guten Nährboden für systemische Korruption. Von Zeit zu Zeit muss da korrigiert werden.

Reinigender Prozess

In diesem Sinn sagte auch eine der Proponentinnen des Volksbegehrens, die frühere Korruptionsstaatsanwältin Christina Jilek, in einem Profil-Interview: "Das Volksbegehren stellt weder auf Parteien noch auf Personen ab, es geht um systemische Fragen. Korruption kann entstehen, wenn Macht und Intransparenz zusammenkommen, ganz gleich, in wessen Händen diese Macht liegt."

Außer Jilek steht eine Reihe von honorigen, relativ bekannten Persönlichkeiten hinter dem Volksbegehren. So etwa Martin Kreutner, früherer Leiter der Antikorruptionsakademie, die ehemalige Chefin des Liberalen Forums Heide Schmidt, der Ex-Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler, der vormalige Leiter der Korruptionsstaatsanwaltschaft Walter Geyer sowie die Ex-OGH-Präsidentin und frühere Neos-Politikerin Irmgard Griss, der Politologe Hubert Sickinger, der Richter Oliver Scheiber und der Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Im Grunde eine bürgerlich-liberale Gruppe jenseits engerer Parteipunzierung.

Es geht um Abstraktes, wie mehr Anstand und Integrität in der Politik, aber auch detaillierte Stärkung von Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz, eine moderne und umfassende Antikorruptions- und Transparenzgesetzgebung sowie Maßnahmen für Pressefreiheit, Medienförderung und Bekämpfung der Inseratenkorruption. Die Vorschläge sind teils ziemlich juristisch detailliert, teils grundsätzlich, wie Funktionsverlust für jene, die sich nicht an höchstgerichtliche oder sonstige rechtskräftige Entscheidungen halten (antikorruptionsbegehren.at).

Die Initiative muss sozusagen noch Fahrt aufnehmen. Aber sie kommt in einer Zeit eines wachsenden Bewusstseins, dass Österreich wieder einmal einen reinigenden Prozess braucht. (Hans Rauscher, 12.1.2022)