Wald-, Wiesen- und Ufervegetation säumen als vielfältige Lebensräume den Wörthersee. Östlich von Pörtschach erproben Forschende Techniken, um die Artenvielfalt zu messen.

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Die Biodiversität gehört zu den Sorgenkindern der Stunde. Weltweit gelten aktuell mehr als 40.000 Tier- und Pflanzenarten als bedroht, zieht etwa der WWF Bilanz. Erfolgt keine Trendwende, könnten in den kommenden Dekaden bis zu eine Million Arten aussterben.

Schutzgebiete wie die Biosphärenreservate der Unesco, Natura-2000-Gebiete oder klassische Nationalparks versuchen, dem Schwund an Vielfalt entgegenzuwirken. Die Erhaltung von Biodiversität gehört zu ihren Zielen meist explizit dazu. Das setzt freilich voraus, dass sich der Bestand von Arten möglichst objektiv erfassen lässt.

Wie man das bewerkstelligt, darauf gibt es keine einfache Antwort, erklärt Forscherin Vanessa Berger von der Fachhochschule Kärnten. Manche Pflanzen wachsen nur zu bestimmten Jahreszeiten, manche Tiere lassen sich nur zu bestimmten Tages- oder Nachtzeiten blicken – oder hören. Wieder andere Lebewesen sieht man überhaupt nicht mit dem bloßen Auge.

Wiesen bergen als artenreiche Ökosysteme neben vielerlei Pflanzen auch etliche Tierarten. Die gesamte Bandbreite der Arten zu erfassen, ist allerdings herausfordernd.
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Technologie kategorisiert

"Man braucht für verschiedene Arten von Lebewesen verschiedene Erfassungsmethoden", sagt Berger. Dabei spielt der Einsatz moderner Technologien eine immer wichtigere Rolle. "Bedingt dadurch, dass die Digitalisierung Einzug hält, erleben wir aktuell einen disruptiven Wechsel im Monitoring von Biodiversität."

Im dreijährigen Forschungsprojekt Biodiversity Monitoring Technologies (Biomonitec) arbeitet Berger als Koordinatorin gemeinsam mit einem großen Team daran, vorhandene Technologien zu kategorisieren und ihre Einsatzmöglichkeiten in der Praxis zu testen.

Biomonitec wird von der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft kofinanziert und hat ein Gesamtbudget von 1,265 Millionen Euro. Für den Praxistest steht den Wissenschaftern das 77 Hektar große Europaschutzgebiet Lendspitz-Maiernigg in Klagenfurt zur Verfügung. Direkt am Wörthersee gelegen, dient seine vielfältige Vegetation aus Wald-, Wiesen- und feuchten Uferbereichen zahlreichen tierischen und pflanzlichen Arten als Heimat.

Waldwachstum in 3D

Eine Technologie, die sich beispielsweise zur Analyse des Baumbestandes immer mehr als De-facto-Standard etabliert, ist das Laserscannen. Dabei wird ein Laserscanner auf einem Ständer im Waldboden montiert, der anschließend eine 360-Grad-Aufnahme der Umgebung macht. Das Ergebnis ist ein 3D-Bild mit so hoher Auflösung, dass man darauf teilweise sogar den qualitativen Zustand der Bäume erkennen kann.

Der Laserscanner erleichtert heute die Waldinventur, weil sich aus den generierten 3D-Aufnahmen sehr einfach Dicke und Höhe der Bäume und damit der Zuwachs ermitteln lässt.

Immer häufiger werden auch Verfahren aus der Fernerkundung genutzt, also Satelliten oder Drohnen eingesetzt, die mit speziellen Sensoren ausgestattet sind. So lassen sich gezielt bestimmte Spektralbereiche des Lichts herausfiltern und dadurch beispielsweise unterschiedliche Pflanzenarten oder Vegetationsgrenzen einfach erkennen. Auch genetische Verfahren werden immer wichtiger.

Der Zustand von (naturbelassenen) Wäldern kann dank neuer Technologien sehr zielgenau bewertet werden. Satelliten oder auch mit Sensoren versehene Drohnen erleichtern das Unterfangen.
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Hilfsmittel für Manager

Wo früher auf botanische oder zoologische Teilbereiche spezialisierte Fachexperten bei Wind und Wetter ins Feld ausrücken mussten, reicht heute oft eine Boden- oder Wasserprobe, die dann im Labor analysiert wird.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass jede moderne Erfassungstechnologie riesige Mengen an Daten generiert, die verarbeitet werden müssen. Die Datenerhebung ist deshalb ein Schwerpunkt des Projekts. "Wir versuchen, durch Standardisierung bereits bei der Erfassung eine hohe Datenqualität zu gewährleisten", sagt Berger. Die Resultate des Projekts sollen in Form einer Software für Manager von Schutzgebieten zur Verfügung gestellt werden.

Per Knopfdruck können sie sich dann über neue Monitoring-Technologien informieren, Anwendungsbeispiele abrufen, aber auch Warnhinweise erhalten. "Man muss gut aufpassen, welchen Einfluss eine Technologie auf das Schutzgut hat", sagt Berger. In Feuchtgebieten sei es zum Beispiel wichtig, dass durch den Einsatz technischer Tools nicht der Wasserhaushalt durcheinandergebracht wird.

Die Software versteht sich als Hilfsmittel, um den Verantwortlichen für Schutzgebiete einen ersten Überblick zu geben. Sie soll aber auch Links zu wissenschaftlichen Publikationen enthalten und so eine Brücke zu vertiefenden Informationen schlagen.

Ein weiterer Baustein von Biomonitec ist die Schaffung globaler Standards für das Monitoring von Biodiversität in Schutzgebieten. (Raimund Lang, 12.1.2022)