Die Finanzwirtschaft beklagt, dass bei der Steuerreform ihre Vorschläge zur Förderung der Vorsorge nicht erhört wurden.

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Ob aus Vorsatz oder wegen der eingeschränkten Möglichkeiten für Konsum – seit Ausbruch der Corona-Pandemie legen Österreichs Haushalte viel mehr auf die hohe Kante als zuvor. Die Sparquote liegt mit mehr als 14 Prozent bei etwa dem Doppelten als vor der Krise. Und was machen die Menschen mit den überschüssigen finanziellen Mitteln? Zumeist nichts, berichtet Erste-Bank-Chefin Gerda Holzinger-Burgstaller. "Das Geld fließt primär auf Girokonten, nur ein kleiner Teil fließt in Vorsorge", sagte sie am Mittwoch bei der Onlinepräsentation der "Vorsorgestudie 2022".

Generell kehren die Österreicher ihrem liebsten Anlageprodukt, dem sicheren Sparbuch, nur langsam den Rücken zu, daran ändern auch Nullzins und steigende Inflation nur wenig. Dabei seien die Realzinsen seit 20 Jahren negativ, betont Holzinger-Burgstaller, also die Inflation höher als die Zinsen. "Das ist kein neues Phänomen", sagt die Erste-Bank-Chefin. Allerdings gehe diese Schere wegen der steigenden Inflation nun noch weiter auf.

Sparbuch Nummer eins

Trotzdem hält mehr als die Hälfte der Österreicher, konkret 53 Prozent, dem Sparbuch die Treue – allerdings sind dies um fünf Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr. Fast unverändert ist die Nutzung von Lebensversicherungen und Bausparverträgen mit 42 bzw. 38 Prozent. Dahinter folgen alternative Anlageformen wie Fondssparpläne, Wertpapiere, Immobilien und Gold oder Edelmetalle, in die nun aber merklich mehr investiert wird als noch vor einem Jahr.

Generell hat aber die Bedeutung der Vorsorge in Österreich während der Pandemie zugenommen. Für 89 Prozent der Befragten ist das Thema wichtig, das ist der höchste Wert, der bei der Umfrage seit 2017 erzielt wurde. Vor einem Jahr lag er noch bei 80 Prozent.

Generell hat finanzielle Vorsorge für Frauen eine etwas größere Bedeutung als für Männer. Dennoch legen diese mit monatlich mit 277 Euro im Durchschnitt für ihre private finanzielle Pensions- und Gesundheitsvorsorge mehr zur Seite, was durch die höheren Einkommen der Männer zu erklären ist. Bei Frauen beträgt die Vorsorge 173 Euro pro Monat. Insgesamt ergibt sich dadurch ein Mittelwert von 226 Euro, mit denen in Österreich pro Person monatlich vorgesorgt wird.

Umdenken wegen Pandemie

Die wichtigsten Vorsorgethemen sind vor allem Gesundheit (68 Prozent), der Aufbau von Reserven für Krisenfälle (68 Prozent) sowie die Pension (64 Prozent). "Die Pandemie hat ein Umdenken bei den Menschen gebracht, dass sie mehr zur Seite legen wollen", erklärt Manfred Bartalszky, Vorstand der Wiener Städtischen Versicherung, die die Studie gemeinsam mit der Erste Bank beauftragt hat.

Durchgeführt wurde sie vom Meinungsforschungsinstitut Imas, das dazu 1000 Personen im November 2021 online befragt hat. Dabei zeigt sich: Fast zwei Jahre Pandemie nagten an der Zuversicht der Österreicher. "Es ist die Dauerschleife Corona, die die Grundstimmung verändert hat", sagt Imas-Studienautor Paul Eiselsberg. Dabei sind Frauen, Jüngere sowie Menschen mit einem niedrigeren Bildungsgrad tendenziell skeptischer.

Obwohl die kurzfristige Stimmung zwar noch immer weit unter dem Vorkrisenniveau liegt, ist gegenüber dem Vorjahr eine leichte Aufhellung zu beobachten. Auch bei den mittelfristigen Aussichten ist die Zuversicht etwas größer geworden. Immerhin blicken nun wieder 44 Prozent optimistisch auf die nächsten zwei bis drei Jahre.

Kritik an Steuerreform

Die Politik habe dem Bedürfnis nach finanzieller Vorsorge bei der letzten Steuerreform leider nicht Rechnung getragen, kritisierte Städtische-Vorstand Bartalszky. Aus der Branche sei eine Steuerentlastung für Pensionsvorsorge und für nachhaltige Anlagen gefordert worden. Zudem wäre eine Reform der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge sowie der betrieblichen Vorsorge fällig. "Die Hoffnung stirbt zuletzt, dass hier entsprechende Maßnahmen gesetzt werden", ergänzte Bartalszky.

Er betont wie auch Erste-Bank-Chefin Holzinger-Burgstaller, dass es wichtig sei, möglichst früh mit der finanziellen Vorsorge zu beginnen. Das sieht mit einer Zustimmung von 47 Prozent auch fast jeder zweite befragte Österreicher so. "Wenn finanzielle Vorsorge möglich ist, gibt es keinen guten Grund für ein Hinausschieben", erklärte Holzinger-Burgstaller. Dass man dafür ein hohes Einkommen benötigt, ist in ihren Augen ein "Irrglaube". Vielmehr sei dies schon mit Beträgen wie 50 Euro pro Monat möglich und sinnvoll. (Alexander Hahn, 12.1.2022)