Der käufliche König – Rudolph Moshammer" auf RTL+.

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Wien/München – Sein Tod vor 17 Jahren förderte ein Doppelleben zutage: Rudolf Moshammer, der eine Modeboutique auf der Münchener Maximilianstraße führte, wurde in seiner Villa ermordet. Doch wer war der Designer mit den schwarzen, hochtoupierten Haaren und der Yorkshire-Hündin Daisy wirklich, den viele nur als schrillen Paradiesvogel wahrnahmen? Die Doku "Der käufliche König – Rudolph Moshammer" beim Streamingdienst RTL+ begibt sich nun auf die Spuren dieser facettenreichen Persönlichkeit.

"Modezar Rudolph Moshammer tot in Wohnung entdeckt", lautete am Morgen des 14. Jänner 2005 die Überschrift einer dpa-Eilmeldung. Schon wenige Minuten später hieß es, der 64-Jährige sei einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen. Demnach hatte sein Fahrer ihn um 9 Uhr tot in seinem Haus bei München gefunden. Später kam heraus: Moshammer war von einem jungen Mann erdrosselt worden, den er vom Münchner Hauptbahnhof für sexuelle Dienste mit zu sich genommen hatte. Der damals 25 Jahre alte Iraker wurde zwei Tage später festgenommen, zehn Monate später wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt (mit besonderer Schwere der Schuld) und sitzt bis heute – und mindestens noch heuer – im Gefängnis.

Weggefährten über Moshammer

In der Doku äußern sich Weggefährten wie der Geschäftspartner Erich Lejeune und der Testamentsvollstrecker Florian Besold, der auch Vorsitzender vom "Rudolph Moshammer Verein – Licht für Obdachlose" ist. Zu Wort kommen auch Schulfreundin Veronique Aimee ("Ich glaub, dass er ziemlich einsam war"), Schauspielerin Birgit Bergen ("Er wollte jeden Tag in der Zeitung sein") und Boulevardjournalist Michael Graeter ("Er war ein Meister im Schaumschlagen").

Schlagersänger Roberto Blanco sagt Sätze wie: "Ich wusste, dass er gay war. Wie er sein Leben gestaltet hat als Gay, weiß ich nicht und wollte ich nicht wissen." Behutsam wird sich gerade diesem Aspekt genähert, inwieweit Moshammer eine Art Vorzeigeschwuler war, der sich hinter einer Maskerade versteckte. Freunden zufolge hatte er Angst, ausdrücklich geoutet zu werden und bezeichnete sich nie öffentlich als schwul. Ein Interviewschnipsel belegt auch den Satz: "Wenn Sie Sexualität kaufen müssen, das finde ich was ganz Schlimmes."

Unbewusster Wegbereiter der queeren Szene

Der Performer Tim – alias Dragqueen Bambi Mercury – ordnet dennoch Moshammers Rolle als vielleicht unbewusster Wegbereiter der queeren Szene ein: Als Medienfigur sei Mosi, wie ihn viele nannten, für die Republik so etwas gewesen wie der verrückte Onkel, der nun mal auch zur Geburtstagsfeier komme. "Er hat das Anderssein zelebriert", sagt Dragqueen Bambi. Moshammer sei einfach so gewesen, wie er gewesen sei und habe damit für viele einen kleinen Beitrag dazu geleistet, "dass man zwar nicht der Norm entspricht, aber trotzdem dazugehören darf". Moshammer aber einen Vorkämpfer für die queere Gemeinschaft zu nennen, wäre wohl eine Verklärung.

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2005 trauerten dann auch Tausende um Münchens heimlichen König. Es war eine der größten Beerdigungen, die es in der Stadt jemals gab. Viele Bürger zeigten Anteilnahme, während viele vermeintlich guten Freunde aus der Schickeria es vorzogen, der Trauerfeier fernzubleiben – nach einem solchen verruchten Tod und Gewaltverbrechen.

Moshammer wuchs einst bei seiner Mutter auf, zu der er ein enges, manche sagen beengendes, Verhältnis hatte. Sein Vater hatte zunächst eine gute Position, wurde jedoch alkoholkrank und war später obdachlos. Moshammer und seine Mutter waren verarmt.

Der junge Moshammer machte eine Ausbildung zum Verkäufer im Modeeinzelhandel. Ende der 60er eröffnete er seine Boutique. Ein richtiger Modeschöpfer war er jedoch nie. Nach dem Tod der Mutter im Sommer 1993 wurde Moshammer mehr und mehr zu einem TV-Promi und Werbegesicht und zu einer Art Karikatur seiner selbst.

"Der käufliche König" zeigt neben dem ganzen Schickimicki auch die soziale Seite. Wegen seiner Familiengeschichte half er vor allem Obdachlosen. Sozialarbeiter Franz Herzog erzählt, Moshammer habe Wohnungslosen wirklich zugehört und ein großes Herz gehabt. Seine Rolls-Royce, in denen er sich zeitlebens gern chauffieren ließ, wurden nach seinem Tod gemäß dem Vermächtnis zugunsten der Obdachlosenhilfe versteigert. (APA, 13.1.2022)