Die Aktenschränke der Republik bleiben der Öffentlichkeit wohl noch länger verschlossen.

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Karoline Edstadler (ÖVP) beteuert, sich für die Informationsfreiheit einsetzen zu wollen.

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Womöglich ist alles viel einfacher als gedacht. Seit Monaten kündigt die türkis-grüne Bundesregierung an, einen längst ausverhandelten Regierungsentwurf durchs Parlament zu bringen. Es geht um die Abschaffung des Amtsgeheimnisses von 1925 und die Einführung eines modernen Informationsfreiheitsgesetzes. Der Entwurf dazu ist seit elf Monaten fertig, doch seitdem geht nichts weiter: Die Länder würden die Umsetzung blockieren, erklärte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) vor kurzem. Weil die Kompetenzen der Bundesländer durch das Gesetz berührt werden, braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat.

"Regierung hätte es in der Hand"

Doch Heinz Mayer, Verfassungsjurist und einer der Initiatoren des Antikorruptionsvolksbegehrens, schlägt der Regierung eine einfachere Lösung vor: In einem Kommentar der anderen im STANDARD schreibt er: Die Bundesverfassung sehe vor, dass die Amtsverschwiegenheit "nur besteht, 'soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist'. Das bedeutet, dass der einfache Gesetzgeber die Amtsverschwiegenheit zwar nicht ausdehnen, sie aber einschränken oder gänzlich beseitigen kann."

Die Regierung "hätte es also in der Hand, für den Bereich der Staatstätigkeit des Bundes hier eine Vorreiterrolle einzunehmen und ein modernes Transparenzsystem zu schaffen. Dazu braucht es keine Verfassungsbestimmung, es genügt ein einfaches Gesetz", schreibt Mayer. Wenn Edtstadler es mit der Informationsfreiheit ernst meine, dürfe sie "nicht warten, bis Länder und Gemeinden deren Zustimmung erteilen; das wird nämlich nicht geschehen".

Edtstadler: Einfaches Gesetz möglich

Edtstadlers Büro bestätigt auf Anfrage des STANDARD, dass Mayers Vorschlag rechtlich umsetzbar sei – allerdings politisch nicht gewollt: Das Ziel der Koalition sei ein "Paradigmenwechsel", der so gut wie alle öffentlichen Stellen und die meisten Unternehmen im (Teil-)Besitz des Staates umfassen soll. "Dieses Vorhaben wird weiterhin verfolgt", dafür werden "regelmäßige Gespräche" geführt. Das Büro von Justizministerin Alma Zadić (Grüne) wollte zur Entwicklung des grünen Leuchtturmprojekts Informationsfreiheitsgesetz keinen Kommentar abgeben.

Länder waren eingebunden

Wie das neue Informationsfreiheitsgesetz ausgestaltet sein soll, haben Volkspartei und Grüne schon in ihrem Regierungsprogramm detailreich ausverhandelt. Die Einigung auf einen Gesetzestext dauerte danach deutlich länger als erwartet – auch weil die Länder in die Verhandlungen eingebunden waren. Sie sollen es nun sein, die die Umsetzung des Regierungsentwurfs blockieren. Zur Austria Presse Agentur sagte Edtstadler, sie könne sich auf den Kopf stellen, "wenn alle rundherum sagen, sie wollen das Gesetz nicht".

Für den Beschluss des Gesetzes brauchen die Regierungsparteien eine der beiden großen Oppositionsparteien. Weil die FPÖ nie ein ausgeprägtes Interesse an der Abschaffung des Amtsgeheimnisses gezeigt hat, gilt die SPÖ als die weniger unwahrscheinliche Partnerin für eine Zweidrittelmehrheit. (Sebastian Fellner, 14.1.2022)