Die neuen Regelungen seien für Probanden und Patienten teilweise sogar besser, sagen Experten.

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Nicht nur das Impfpflichtgesetz sorgte in den letzten Wochen für helle Empörung auf der Parlamentshomepage. Auch zum neuen Arzneimittelgesetz, das derzeit zur Begutachtung aufliegt, wurden mittlerweile über 40.000 Stellungnahmen abgegeben.

Parallel dazu gingen auf Social Media und in Messenger-Diensten Beiträge viral, die die Änderung des Gesetzes direkt mit der Covid-Impfpflicht in Verbindung brachten. Die Änderungen würden den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen ermöglichen, Kontrollen erschweren und Schutzstandards außer Kraft setzen, so der Tenor.

Befürchtungen nicht gerechtfertigt

Wie ein Faktencheck zeigt, sind diese Befürchtungen allerdings nicht gerechtfertigt. Im Gegensatz zu der weitverbreiteten Behauptung haben die Änderungen im Arzneimittelgesetz und im Gentechnikgesetz nämlich nichts mit der geplanten Covid-19-Impfpflicht zu tun. Die beiden Gesetze werden an EU-Regelungen angepasst, die bereits im Jahr 2014 beschlossen wurden und 2022 in Kraft treten.

Wer sich die Textgegenüberstellung auf der Parlamentshomepage ansieht, dem fällt auf, dass tatsächlich zahlreiche Bestimmungen im Arzneimittelgesetz aufgehoben werden. Das hat aber schlicht damit zu tun, dass die Regelungen für die Durchführung klinischer Prüfungen künftig in einer neuen EU-Verordnung geregelt sind, erklärt Matthias Cerha, Rechtsanwalt und Experte für Arzneimittelrecht im STANDARD-Gespräch. Die Verordnung ist in Österreich direkt anwendbar, eigene nationale Bestimmungen sind daher überflüssig geworden.

Dazu kommt, dass Bestimmungen für klinische Studien von Gentherapien bisher teilweise im Gentechnikgesetz geregelt waren. Diese Punkte schreibt das Parlament nun einheitlich im Arzneimittelgesetz fest. "Die Befürchtung, dass dem Einsatz von Gentherapien ohne jegliche Kontrolle Tür und Tor geöffnet wird, ist nicht berechtigt", sagt Cerha.

Verbesserungen für Patienten

Dass Schutzstandards aufgeweicht würden, sei schlichtweg falsch, sagt Rechtsanwältin Francine Brogyányi: "Studien und Zulassungen unterliegen auch künftig einem sehr strengen Prozess." Die Europäische Union habe weltweit die höchsten Standards und zumeist auch höhere Anforderungen als die Mitgliedsstaaten selbst.

Inhaltlich ist das meiste genauso geregelt wie vorher, sagt Cerha. "Die Neuregelungen, die es gibt, sind nicht gravierend und zum Teil für Probanden und Patienten sogar besser." Die geplante Unterscheidung zwischen akademischen und nichtakademischen Studien zu Arzneimitteln sorgen für mehr Transparenz.

"Bisher hat man auf den ersten Blick nicht gesehen, ob eine Studie von einer Uni unabhängig durchgeführt wurde oder ob dahinter eine Pharmafirma steht", sagt Cerha. Dass private Ethikkommissionen im Rahmen einer klinischen Prüfung eine Rolle übernehmen, sei zwar teilweise als Neuerung dargestellt worden, aber immer schon so gewesen. (Jakob Pflügl, 14.1.2021)