Die Königin schweigt.

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Normalerweise erwartet niemand, dass sich die Mutter eines beschuldigten Sexualstraftäters zu Wort meldet. Wenn es sich aber um Queen Elizabeth II, Königin des Vereinigten Königreichs und Staatsoberhaupt von insgesamt 16 Ländern, handelt, sieht die Sache anders aus. Die Vogel-Strauß-Taktik im Zusammenhang mit den schweren Anschuldigungen gegen ihren Sohn Andrew hat ausgedient.

Dass sich die Queen nicht in laufende Verfahren einmischt und zu aktuellen politischen Geschehnissen nicht Stellung nimmt, mag ihrer Rolle als Repräsentantin gerecht werden. Doch ihre Vorgehensweise in den vergangenen Tagen zeigte, dass sie sehr wohl Stellung bezieht. Wenn auch nur hinter den Kulissen. Denn Prinz Andrew ist seine militärischen Titel los. Lediglich den Vize-Admiral lässt sie dem Falkland-Veteranen. Schluss auch mit der Ansprache "Ihre königliche Hoheit" – und öffentlich darf er seit dem eher unangenehmen BBC-Interview 2019 sowieso nicht mehr auftreten, geschweige denn neben der Queen vom Balkon winken.

Die Marke steht über allem

Der Buckingham-Palast ließ die Öffentlichkeit wissen, dass der Königinnensohn als Privatmann in New York vor Gericht stehen wird und den Prozess schön aus der eigenen – wenn auch gut gefüllten – Tasche bezahlen wird. Die royale Familie kappt alle Verbindungen zu Andrew. Zum Schutz der "Marke Monarchie", zum Schutz des royalen Scheins im Jahr des 70. Thronjubiläums der Königin.

Doch gerade im Jubiläumsjahr könnte und sollte sich die britische Königinnenfamilie einen neuen Anstrich verpassen. Skandale um Mobbing, Rassismus, die mentale Gesundheit einzelner Familienmitglieder und schwere Anschuldigungen vor Gericht sollte die Queen nicht in Hinterzimmern, sondern nach außen kommentieren, indem sie ihre Meinung kundtut.

Sie sollte nicht nur ein repräsentatives, sondern auch ein moralisches Aushängeschild der Insel werden. Und die Zeit drängt. Denn Ende 2022 will Enkel Harry seine Autobiografie veröffentlichen, die nicht nur mit guten Erinnerungen an die Zeit im Palast geschmückt sein wird. (Bianca Blei, 14.1.2022)