Es kann vorkommen, dass sich zu dieser Zeit des Jahres eine gewisse Kochmüdigkeit einschleicht. Selbst der motivierteste Heimkoch kann nur eine gewisse Menge Enten und Gänse braten, Karpfen backen oder Sauschädln kochen, bis ihm die Aufgabe nicht mehr als sportliche Herausforderung und großer Spaß erscheint, sondern als lästige Pflicht. Das sind die Momente, in denen ich besonders dankbar bin, dass es Finn Crisp gibt.

Das dünne Knäckebrot liegt in den meisten Supermärkten (1) und schmeckt trotzdem ganz wunderbar. Es ist nicht bloß "gut für Supermarktware" oder "super für ein industrielles Fertigprodukt", sondern einfach köstlich, ganz ohne jegliche einschränkenden Umstände.

Es bezaubert mit ausgeprägter, leicht süßer Säure, wie es sich viele Sauerteigbrote vom handwerklichen Bäcker nur wünschen können, und tiefem, herb-zart-bitterem Roggengeschmack. Es ist so umwerfend knusprig wie perfekte Kartoffelchips (2) oder jene Eisschicht, die sich auf dünnen Lacken bildet – und zwar selbst nach Öffnen der Packung wahrscheinlich noch im zweiten Jahr der Apokalypse und ganz sicher bis zum Beginn der Fastenzeit. Und kosten tut es ebenfalls fast nichts. (Zugegeben, Trockenbrot ist da ein dankbares Genre. Das soll Finn Crisps Verdienste aber nicht schmälern.)

Die Möglichkeiten, es zu genießen, sind mannigfaltig, wie bei einer guten Pizza gilt meiner Meinung nach auch beim Finn Crisp: Weniger ist mehr. Nur mit guter, gesalzener Butter bestrichen gehört es zu den größten kulinarischen Genüssen, die mit zwei Zutaten und einem stumpfen Messer machbar sind – und durchaus wert, als Mahlzeit bezeichnet zu werden.

Heinrich S., der berühmte Palatschinkenforscher, hat in seiner Jugend deswegen von zwei Finn-Crisp-Seiten gesprochen: jener für Arme und jener für Wohlhabende. Die Seite für Arme war die flache Unterseite, auf der man wenig Butter verstreichen kann, die für Wohlhabende die rau gezackte Oberseite, die nach einem großzügigen Strich verlangt.

Finn Crisp, Butter, edle spanische Ölsardelle auf Hirschteller
Foto: Tobias Müller

Für noch Reichere ist es eine wunderbare Unterlage für edle Ölsardellen aus Spanien (ein großes Kompliment und Qualitätsmerkmal) oder Räucherfisch (etwa den wunderbaren geräucherten Karpfen von hier). Es ist exzellent mit Vacherin und ganz fantastisch mit ein wenig Butter, dünn geschnittenen Radieschen und Salz. Selbst ganz auf sich gestellt ist es so gut und süchtigmachend, dass ich es hin und wieder bloß so wie Kartoffelchips knuspere. Und wenn drei, vier Packungen aufgegessen sind, kommt meist auch bald die Kochlust zurück.

PS: Das könnte der Anfang einer kleinen, unregelmäßigen Serie sein, die solchen Supermarkthelden gewidmet ist. Ich freue mich über sachdienliche Hinweise.

Hinweis: Ich bin in keinster Weise mit der Firma Finn Crisp verbunden, war noch nie mit ihnen in Kontakt und kenne niemanden, der dort arbeitet oder es verkauft. Ich war noch nicht einmal in Finnland. (Tobias Müller, 16.1.2022)