Boris Johnson will im Amt bleiben und dafür einige enge Mitarbeiter gehen lassen und mit populistischen Versprechungen punkten.

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London – Der um seinen Posten kämpfende britische Premierminister Boris Johnson will einem Medienbericht zufolge mit einem Rundumschlag unter seinen engsten Mitarbeitern seine politische Zukunft retten. Wie die "Sunday Times" am Sonntag berichtete, plant der konservative Regierungschef, personell umfassend in der Downing Street aufzuräumen und eine Reihe von "populistischen Ankündigungen" zu tätigen, um sich nach den Enthüllungen in der "Partygate"-Affäre im Amt halten zu können.

Zu den Plänen des Premiers soll auch zählen, die verbliebenen Corona-Beschränkungen am 26. Jänner aufzuheben. Johnson weigert sich dem Bericht zufolge, selbst die Verantwortung für die Regierungskrise zu übernehmen. Auf Treffen in den vergangenen Tagen soll er seinem Team vorgeworfen haben, ihn nicht geschützt zu haben. Johnsons Büroleiter Martin Reynolds, der Mitarbeiter der trotz Lockdown-Regeln mit dem E-Mail-Aufruf "Bringt Euren eigenen Alkohol mit" zu einer Gartenparty eingeladen hat, dessen Vertreter Stuart Glassborow und Stabschef Dan Rosenfield gelten als wahrscheinlichste Kandidaten dafür, die Downing Street verlassen zu müssen.

Rücktrittsforderungen

Johnson ist unter anderem wegen Berichten über Partys an seinem Amtssitz in der Downing Street während eines Corona-Lockdowns mit strengen Kontaktverboten unter Druck geraten. Laut der Tageszeitung "Daily Mirror" haben sich Johnsons Mitarbeiter jeden Freitag zu "Wine-time Fridays" getroffen, während der Premier sie ermutigt habe, "Dampf abzulassen" – auch wenn Treffen in Innenräumen gemäß den Lockdown-Regeln streng verboten gewesen waren. Johnson habe mehrmals selbst bei diesen Zusammenkünften vorbeigeschaut. Die Mitarbeiter hätten eigens einen Bürokühlschrank angeschafft, um ihre Flaschen Weißwein, Prosecco und Bier kühl zu halten.

Diese Angaben reihen sich in Berichte ein, die dafür gesorgt haben, dass Johnson längst um sein politisches Überleben kämpft. Für eine Gartenparty in seinem Amtssitz entschuldigte er sich am Mittwoch im Parlament, doch weitere Enthüllungen folgten, unter anderem zu Feiern am Vorabend der Beerdigung von Queen-Gemahl Prinz Philip im April 2021. Damals galten strenge Kontakt- und Abstandsregeln in Großbritannien.

Am Freitag entschuldigte er sich bei Königin Elizabeth II. Auch Parteifreunde haben Johnsons Rücktritt gefordert. Zudem läuft derzeit eine regierungsinterne Untersuchung der Vorfälle. Johnson wird auch der Popularitätsschwund der Konservativen Partei zur Last gelegt, die in Umfragen zehn Prozentpunkte hinter der oppositionellen Labour Party liegt.

Unterstützung für den Premier kam am Sonntag vonseiten der konservativen Parteispitze. Erst müssten die Vorwürfe geklärt werden, und dann müsse sich Johnson mit den Gepflogenheiten seiner Regierung auseinandersetzen, sagte Generalsekretär Oliver Dowden dem Sender Sky News.

Infektionen gehen zurück

Der "Sunday Express" schrieb, Johnson wolle alle Corona-bedingten Einschränkungen aufheben. Dazu gehöre die Pflicht zum Tragen von Gesichtsmasken und die Anweisung, wenn möglich von zu Hause aus zu arbeiten. Dowden erklärte dazu: "Ich bin sehr hoffnungsvoll und optimistisch." Entschieden werde auf Grundlage der Daten.

In Großbritannien hat sich der Anstieg der Infektionen mit der Omikron-Variante des Coronavirus deutlich abgeschwächt. Am Samstag meldeten britische Behörden knapp 82.000 neue Fälle, weniger als die Hälfte des Höchststandes von Anfang Jänner. (APA, 16.1.2022)