Magnus Brunner folgte Anfang Dezember 2021 Gernot Blümel als Finanzminister nach.

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Ein Zubrot für die Reichsten der Reichen und pure Verhöhnung der arbeitenden Bevölkerung: Die SPÖ ist schnell mit einem Urteil bei der Hand, wenn es um eine Steuerfreiheit bei Kursgewinnen mit Wertpapieren geht, sofern diese nach einer bestimmten Behaltefrist verkauft werden. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat dieser Tage in Aussicht gestellt, dass er die Sache angehen will, was zu erbosten Reaktionen aus dem SPÖ-Lager samt Gewerkschaft und NGOs wie Attac geführt hat. Der Feind ist schnell ausgemacht, handelt es sich doch um eine alte Forderung der Finanzwirtschaft, unterstützt von weiten Teilen der Wirtschaft.

Die Argumente sind bekannt. Kapitalanlagen seien etwas für Vermögende und Auskenner, die Wohlhabenden profitieren davon überproportional, und will man Sparer dazu bringen, in die Wirtschaft zu investieren, müsste man in erster Linie dafür sorgen, dass ihnen am Ende des Monats mehr Geld übrig bleibt. "Die ÖVP hat überhaupt keinen Genierer mehr in ihrer Politik für die Reichen und Superreichen", spitzte es SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer zu. Die "Schieflage im Steuersystem" würde mit der Abschaffung noch größer werden: "Schon jetzt tragen Konzerne und Reiche sehr wenig zur Finanzierung der Staatsaufgaben bei."

Faktor Arbeit entlasten

Ganz von der Hand zu weisen ist das alles nicht. Natürlich gehört der Faktor Arbeit entlastet, damit sich auch weniger Wohlhabende etwas aufbauen können. Und selbstverständlich braucht es dringend die globale Unternehmenssteuer, die auch kommen wird. Auch die sogenannte Tobin Tax (Devisentransaktionssteuer) auf möglichst breiter Basis sollte nicht in der Mottenkiste verrotten.

Trotzdem darf man eines nicht vergessen: Auch Junge sind von Verteilungsfragen betroffen. Sie haben es heute besonders schwer, Vermögen aufzubauen. So gesehen würde es nicht schaden, gerade auch den jungen Sparern zu signalisieren: Beschäftigt euch mit Aktien und Co.

Kritik adressieren

Bei der konkreten Ausgestaltung hätte der Gesetzgeber ohnehin einiges an Spielraum, die nicht unberechtigte Kritik zu adressieren: Die Behaltefrist, wie sie bis 2012 vorgesehen war, dauerte ein Jahr. Denkbar wäre ein längerer Zeitraum und/oder ein jährlicher Freibetrag, wie er etwa in Deutschland gilt. Dort sind für Privatpersonen Gewinne aus Aktienverkäufen bis zu einem gewissen Betrag steuerfrei. Der Reflex anzunehmen, Kapitalanlage sei nur etwas für reiche Bonzen, dürfte in Zeiten von Bitpanda und Co aber ohnehin überholt sein. (Regina Bruckner, 17.1.2022)