Auch nach der Einführung einer Impfpflicht dürfen ungeimpfte Arbeitnehmer weiterhin beschäftigt werden, wenn sie sich regelmäßig testen lassen. Ohne sie müssten viele Unternehmen den Betrieb einstellen.

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Die Impfpflicht, die in Österreich ab 1. Februar gelten soll, sieht keine Regelungen für den Arbeitsplatz vor. Dort gilt weiterhin die 3G-Regel, die neben Impfung oder Genesung auch regelmäßige PCR-Tests zulässt. Das hat zuletzt der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) kritisiert und verlangt, dass auch am Arbeitsplatz eine Impfpflicht eingeführt wird.

Doch dass das Impfgesetz arbeitsrechtliche Verpflichtungen nicht regelt, ist konsequent: Ebenso wie beim Covid-Maßnahmengesetz und den dazu ergangenen Verordnungen ist erklärtes Regelungsziel des geplanten Impfgesetzes der Schutz der öffentlichen Gesundheit, insbesondere soll die Überlastung von Krankenanstalten verhindert werden.

Was bisher geregelt wurde

Besonders deutlich zeigen dies die bisher erlassenen Covid-Schutzmaßnahmen-Verordnungen, die stets betonen, dass sie "nur" gesundheitspolitische Maßnahmen zum Inhalt haben. Sie regeln daher bloß, wer den Arbeitsort bzw. die Arbeitsstätte betreten und dort verweilen darf, nicht aber die Zusammenarbeit in arbeitsteiligen betrieblichen Organisationen. Detailregelungen zum Schutz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz sehen die bisherigen Regelungen daher nicht vor.

Damit soll wohl den betrieblichen Anforderungen sowie den Interessen der Arbeitnehmer Rechnung getragen werden. Einerseits könnten viele Betriebe ohne die ungeimpften Arbeitnehmer den Betrieb gar nicht aufrechterhalten; die Arbeitnehmer sind ihrerseits auf das Entgelt angewiesen.

Andererseits ist die Einschränkung des sozialen und kulturellen Lebens ausreichend, um die Epidemie zum Schutz der medizinischen Infrastruktur einzudämmen. Der Gesetzgeber wollte daher hier offenkundig den Unternehmen einen gewissen Gestaltungsspielraum lassen, der nach dem Bedarf im Einzelfall im Rahmen der allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen ausgestaltet werden kann.

Arbeitnehmer schützen

Dieser Logik folgt auch das geplante Impfgesetz: Die Impfung wird auf seiner Basis zu keiner gesetzlichen arbeitsrechtlichen Verpflichtung. Maßnahmen gegen ungeimpfte Arbeitnehmer können daher nicht – zumindest nicht direkt – auf das Impfgesetz gestützt werden.

Dennoch stellt sich die Frage, ob in der Arbeitswelt strengere Maßnahmen wie eine 2G-Regelung etabliert werden dürfen. Das ist anhand von zwei Fragen zu klären: Bedarf es im Unternehmen überhaupt strengerer Regelungen, um die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen? Wenn ja, auf welche Rechtsgrundlage lassen sie sich stützen?

Die erste Frage bedarf einer (arbeits-)medizinischen und auf Basis der Betriebsorganisation einer unternehmerischen Antwort. Wenn strengere Maßnahmen erforderlich sind, kommt das Arbeitsvertragsrecht ins Spiel: Arbeitnehmer haben auf Basis der gesetzlich zwingend geregelten Fürsorgepflicht einen Anspruch darauf, von ihren Arbeitgebern vor Gefahren am Arbeitsplatz geschützt zu werden; dies auch durch das Setzen aktiver und vor allem effektiver Maßnahmen und auch dann, wenn die Gefahr von anderen Arbeitnehmern ausgeht. Wie weit diese Maßnahmen in Persönlichkeitsrechte eingreifen dürfen, ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu ermitteln.

Ungeimpfte als Risiko

Neben dem Gesundheitsschutz ist weiters auch das Interesse des Arbeitgebers beachtlich, die unternehmerische Tätigkeit aufrechtzuerhalten. Wenn sich daher ungeimpfte Personen im Gegensatz zu geimpften Personen in Quarantäne begeben müssen, ist bei der derzeitigen sehr ansteckenden Omikron-Variante die Gefahr des Zusammenbruchs der Betriebsorganisation ungleich höher, wenn viele ungeimpfte Personen im Betrieb tätig sind.

Es sind daher die Interessen der Arbeitnehmer, vor Ansteckung geschützt und dabei so wenig wie möglich durch Maßnahmen beeinträchtigt zu werden, mit dem Interesse der Arbeitgeber an der Aufrechterhaltung ihrer Betriebe in Einklang zu bringen. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Impfung vom Gesetzgeber jedenfalls als zumutbare Maßnahme angesehen wird; dies lässt sich aus der Impfpflicht ohne jeden Zweifel ableiten.

Vor dem Hintergrund der Vermeidung von Ansteckungen im Betrieb zum Schutz von Belegschaft und der unternehmerischen Tätigkeit haben daher die Arbeitgeber die Möglichkeit, die für die jeweilige Arbeitsorganisation passenden Maßnahmen im Rahmen eines Schutzkonzeptes zu etablieren. Dazu bedarf es aber einer arbeitsmedizinischen Evaluierung der Gefahrensituation im Unternehmen sowie der Betriebsorganisation.

Schadenersatzansprüche

Daraus sind die darauf abgestimmten Maßnahmen abzuleiten, die von Homeoffice bis hin zu einer Zulassung von nur geimpften Arbeitnehmern zur Arbeit gehen können. Unterlässt der Arbeitgeber diese gebotenen Maßnahmen, kommen Schadenersatzansprüche in Frage.

Ob Kündigungen ungeimpfter Arbeitnehmer bei 2G im Betrieb gerechtfertigt werden können, hängt davon ab, ob der Arbeitsvertrag trotz fehlender Impfung erfüllt werden kann. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn erforderliche manipulative Tätigkeiten nicht im Homeoffice möglich sind.

Umgekehrt wäre eine 2G-Regel überschießend, wenn sie aufgrund der betrieblichen Situation weder zum Schutz anderer Arbeitnehmer noch zur Aufrechterhaltung des Betriebs erforderlich ist. Das gilt etwa für Lkw-Fahrer, die täglich kurz zur Übergabe der Frachtpapiere in den Betrieb müssen, sonst aber alleine in ihrer Fahrerkabine sind.

Im Ergebnis hat das geplante Impfgesetz daher keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Arbeitsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. (Andrea Potz, Christoph Wolf, 17.1.2022)