Julian Reichelt war am Sonntag bei Servus TV zu Gast.

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Wien/Berlin – Ex-"Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt hat am Sonntagabend seinen ersten Fernsehauftritt nach seinem Aus bei der auflagenstärksten Tageszeitung Deutschlands absolviert. Bei der Diskussionssendung "Links.Rechts.Mitte" auf Servus TV wies er den Vorwurf des Machtmissbrauchs gegenüber Frauen als "perfiden, erfundenen Quatsch" zurück. Zum beim Axel-Springer-Verlag gepflegten Frauenbild gefragt, meinte er, viele Frauenkarrieren ermöglicht zu haben.

Er habe in seiner Karriere mit vielen herausragenden Frauen gearbeitet. "Ich glaube tatsächlich, dass ich dazu beigetragen habe, an ganz vielen Positionen Frauenkarrieren bei Axel Springer und 'Bild' zu ermöglichen, die vorher leider nicht möglich waren", behauptete Reichelt. Die Entscheidung für seinen Rauswurf sei "in einem furchterregenden Klima" getroffen worden. "Ich glaube durchaus, dass es ein politisches Klima gibt, in dem man dankbar dafür ist, dass kritische Stimmen verstummen", so der Ex-"Bild"-Chefredakteur. Er ortete die Außerkraftsetzung der Unschuldsvermutung als "beliebtes Instrument linker Agitation".

Arbeit an neuer Plattform

Der Springer-Verlag gab Reichelt eine zweite Chance, nachdem im Frühjahr des Vorjahres ein internes Verfahren gegen ihn angestoßen wurden. Im Kern der Untersuchung standen die Vorwürfe des Machtmissbrauchs im Zusammenhang mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen sowie Drogenkonsum am Arbeitsplatz. Der Rauswurf Mitte Oktober wurde vom Verlag damit argumentiert, dass Reichelt auch nach Abschluss des Compliance-Verfahrens im Frühjahr 2021 Privates und Berufliches nicht klar getrennt sowie dem Vorstand darüber die Unwahrheit gesagt habe.

Reichelt arbeitet nun an einer neuen Plattform. Er möchte künftig "Journalismus, wie er sein sollte, der nach den Fakten sucht und sagt, was ist", machen. Das sei zu einer "Marktlücke" geworden. Dem von David Schraven, Gründer der deutschen Faktencheck- und Rechercheplattform "Correctiv", Anfang Dezember auf Twitter in den Raum gestellten Wechsel zu Servus TV erteilte Reichelt erneut eine Absage. "Der liegt abends auf der Couch und schreibt, was ihm einfällt, was aber eine frei erfundene Behauptung ist", warf der Ex-"Bild"-Chefredakteur Schraven vor. (APA, 16.1.2022)