Am Grenzübergang Eberau (Bezirk Güssing) wurden am Montag Bundesheersoldaten angegriffen.

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Wien – Beim Versuch, ein mutmaßliches Schlepperfahrzeug anzuhalten, sind Montagfrüh bei einem kleinen Grenzübergang im Südburgenland Schüsse gefallen. Ein Schlepper schoss auf Soldaten des österreichischen Bundesheeres und flüchtete anschließend über die Grenze nach Ungarn, ein zweiter konnte festgenommen werden, berichteten das Verteidigungsministerium und das Landespolizeikommando Burgenland. Verletzt wurde niemand. Die Identität des Schleppers wurde am Nachmittag geklärt.

Soldaten wollten am Montag in der Früh den Kastenwagen mit ungarischem Kennzeichen beim Grenzübergang Bildein (Bezirk Güssing) kontrollieren, der Fahrer stieg jedoch aufs Gas. Der Wagen wurde auf einem Feldweg von Eberau in Richtung Bildein verfolgt, als er von der Straße abkam. Ein Verdächtiger lief daraufhin Richtung Ungarn davon und schoss von ungarischem Staatsgebiet aus zweimal auf die Bundesheerangehörigen. Sie blieben unverletzt, ebenso die zwölf Flüchtlinge, allesamt Männer aus Afghanistan, die im Anschluss um Asyl ansuchten, wie Polizeisprecher Helmut Marban gegenüber der APA erklärte.

Fahndung läuft

Ein zweiter mutmaßlicher Schlepper wurde festgenommen, er stammt aus Moldawien und ist 22 Jahre alt. Die Herkunft des flüchtigen Schleppers wurde im Laufe des Nachmittags ebenso geklärt, die Fahndung nach dem 26-Jährigen Moldawier läuft, so Marban.

"Dieser heutige Vorfall verdeutlicht, dass die Maßnahmen der Schlepper und die damit verbundene Kriminalität neue Dimensionen erreicht haben. Ich bin froh, dass die eingesetzten Soldaten beim Schusswechsel unverletzt geblieben sind", sagte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP).

Karner: "Dramatischer Vorfall"

Auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sprach von einem "dramatischen Vorfall", dieser zeige einmal mehr die Notwendigkeit des Außengrenzschutzes: "Daher werde ich dieses Thema auch am Dienstag mit meinem ungarischen Amtskollegen in Budapest forcieren." Ein funktionierender Außengrenzschutz sei eine der wirksamsten Maßnahmen im Kampf gegen die international agierende Schlepperkriminalität. Karner pochte daher auf "robuste Außengrenzen": "Die Europäische Kommission ist hier gefordert, auch den Bau von Grenzanlagen zu unterstützen."

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) zeigte sich ebenfalls schockiert und betroffen: "Dieser Angriff zeigt, wie menschenverachtend die internationale Schlepperkriminalität agiert und dass es dabei keine Tabus mehr gibt." Die Zuspitzung des internationalen Menschenschmuggels erfordere aber auch neue politische Lösungen: "Die Auslagerung von Asylverfahren in Verfahrenszentren außerhalb Europas würde dem 'Geschäftsmodell' dieser hochlukrativen Kriminalität den Boden entziehen."

Experte: Schlepper änderten Taktik

Bundeskriminalamts-Experte Gerald Tatzgern erklärte angesichts des neuen Vorfalls an der Grenze im Burgenland, dass sich der Modus der Schlepper in den vergangenen Wochen und Monaten geändert habe: "Fahrer werden angewiesen, sich Anhaltungen durch die Polizei zu entziehen, das heißt, Straßensperren nicht zu beachten." Es erhärte sich auch der Verdacht, dass die Fahrer von Begleitfahrzeugen bewaffnet sind. Er warnte einmal mehr davor, wie skrupellos das "Geschäft" mit den Flüchtlingen sei.

Die Freiheitlichen sahen im jüngsten Vorfall einen "deutlichen Warnschuss" für die schwarz-grüne Bundesregierung, denn diese sei "nicht fähig, unser Land vor illegaler Migration zu schützen", kritisierte Wehrsprecher Reinhard Bösch. (APA, 17.1.2022)