Kommt nach Spielerprotesten ohne NFT-Integration auf den Markt: "Stalker 2".

Foto: GSC Gameworld

Als Idee wirken NFTs (Non-Fungible Tokens) eigentlich ganz interessant. Es handelt sich um digitale Inhalte, die – der Blockchain sei Dank – als authentisches "Original" von ansonsten bytegleichen Kopien unterscheidbar sind und einen zugewiesenen Besitzer haben können. Das eröffnet unter anderem für den Kunstmarkt neue Optionen.

Aber auch eine andere Branche beginnt, NFTs für sich zu entdecken, nämlich die Games-Industrie. Dort verbrennt man sich bislang aber regelmäßig die Finger damit. Denn oftmals sorgen NFT-Pläne für einen heftigen Backlash seitens verärgerter Spieler, die sich als Melkkühe für fragwürdige Zusatzinhalte sehen, berichtet die "New York Times".

Aufbruchstimmung in der Games-Branche

NFTs und Spiele sind natürlich nicht per se inkompatibel, wie etwa das bei Krypto-Enthusiasten beliebte Multiplayer-Universum "Decentraland" zeigt. Abseits dieser Nische ist die Skepsis allerdings sehr groß. Ubisoft startete eine NFT-Plattform namens Quartz und schon die Ankündigung selbiger ließ die Wogen hochgehen. Man trotzte der Welle der Kritik zwar, gesteht nun aber ein, die Ablehnung unterschätzt zu haben. Berichten zufolge sind bislang nur 15 NFTs auf Quartz verkauft worden. Gegenüber BTC-Echo betont man aber, dass man die "starke, aber eher stille Community", die sich dort eingefunden hat, weiter unterstützen möchte.

Auch Square Enix will auf den NFT-Zug aufspringen, wie Firmenchef Yosuke Matsuda zum Jahreswechsel verlautbarte. Er beschreibt NFTs als Möglichkeit für Spieler, nicht nur zu spielen, sondern auch "etwas beizutragen". Die Reaktionen der Fans fielen überwiegend negativ aus. Nicht wenige erinnerten daran, dass Square Enix mit "Final Fantasy" eine Spielereihe herausgibt, in der es um die fatalen Auswirkungen von Konzerngier und den Kampf gegen selbige geht.

Ankündigungen und Rückzieher

Nicht gerade enthusiastische Reaktionen erntete auch die Ansage von GSC Game World, dass man NFTs in den kommenden Open-World-Shooter "Stalker 2" implementieren wolle und Spieler die Möglichkeit bekommen sollen, ihr Gesicht gegen Geld auf dem Körper eines Nicht-Spieler-Charakters verewigen zu können. Man sparte nicht mit Buzzwords und fabulierte gar von "Metahumans" in einem "Stalker-Metaverse". Das Feedback darauf war offenbar derart vernichtend, dass man nur einen Tag später sämtliche NFT-Pläne für das Game auch schon wieder beerdigte.

Die Aufregung erreichte auch Firmen, die nicht direkt im Games-Geschäft tätig sind, aber Dienste anbieten, die von Spielern gern genutzt werden. Die Kommunikationsplattform Discord wollte sich ebenfalls an NFTs versuchen, machte aber nach Protesten zahlender Abonnenten einen Rückzieher.

"Es geht nur um: Wie kann ich Geld damit machen?"

Publisher würden NFTs einfach nur als zusätzliche Monetarisierung in ihre Games einbringen, fasst die "New York Times" das Stimmungsbild zusammen. "Ich sehe nirgends eine Erwähnung, was es den Spielern bringen soll oder wie es das Gameplay verbessert", zitiert man Matt Kee, den Square Enix’ NFT-Pläne für "Kingdom Hearts" auf die Barrikaden bringen. "Es geht immer nur darum: Wie kann ich Geld damit machen?"

Diese Sorge kommt nicht von ungefähr, denn in den letzten zehn bis 15 Jahren hat die Spielewelt einen drastischen Wandel durchgemacht. Während Spiele einst fast ausschließlich Kaufprodukte waren, für die in größeren Abständen ebenfalls käufliche Add-ons mit großem Inhaltsumfang veröffentlicht wurden, sind nun Mikrotransaktionen an der Tagesordnung. Hinzu kommen Free2Play-Games, deren Monetarisierung nicht selten auf Glücksspielelemente oder sogenanntes Pay2Win setzt, also käufliche Vorteile in Multiplayerspielen.

Als bekanntester früher "Sündenfall" gilt der "Skyrim"-Vorgänger "The Elder Scrolls: Oblivion". Das Game unterstützte als einer von noch relativ wenigen AAA-Titeln downloadbare Zusatzinhalte, was Bethesda gleich dazu nutzte, eine Panzerung für das eigene Pferd für 2,50 Dollar feilzubieten. Was damals für Kritik sorgte, ist heute in vielen Games Standard, auch reine Singleplayer-Erfahrungen werden so zusätzlich monetarisiert.

Spieler sollen mitverdienen

NFTs wären freilich die logische Fortführung des "Games as a Platform"-Gedanken, den etwa Ubisoft verfolgt. "Wir entfernen uns vom Geschäftsmodell, das sich nur auf das Spiel konzentriert, und gehen über zu einem Fokus auf ein Ökosystem, in dem jeder Spieler ein Stakeholder sein kann", formuliert es der Vizechef des Konzerns, Nicolas Pouard, der auch die Blockchain-Agenden vorantreibt.

Ubisoft ist nicht das einzige Unternehmen, das Spielern die Möglichkeit verspricht, über NFTs selbst Geld zu verdienen, Ähnliches ließ auch Square Enix anklingen. Bei Zynga ("Farmville"), das wohl bald unter dem Dach des Publishers Take Two landen wird, soll man künftig ebenso NFTs an- und verkaufen können. Bei Sega bemüht man sich nach Spielerprotesten um vorsichtige Formulierungen und will NFTs nicht integrieren, wenn sie nur als Werkzeuge zur Geldmacherei gesehen werden. Dennoch treibt man die Integration voran und hat zuletzt ein Markenzeichen für "Sega NFT" registriert.

Die Pläne vieler Firmen sind aber noch vage gehalten. Und wie sich ihre NFT-Plattformen von Ingame-Marktplätzen mit Echtgeldzahlungen unterscheiden sollen, bleibt offen.

Microsoft, Epic und Valve sind skeptisch

Nicht alle Games-Größen springen aber auf den neuen Kryptozug auf. Es gibt auch manche namhaften Gegner. Xbox-Chef Phil Spencer erklärte im November etwa gegenüber Axios, dass man Spiele, bei denen es um das Geldverdienen mit NFTs geht, lieber nicht im eigenen Store haben möchte. Epic Games will Blockchain-Spiele zwar nicht verbieten, aber keine NFTs in eigene Games wie "Fortnite" integrieren. Das begründet CEO Tim Sweeney damit, dass das "Feld der NFTs derzeit mit einer hartnäckigen Mischung aus Betrug, interessanten Tech-Ansätzen für Dezentralisierung und Betrug" (Wiederholung beabsichtigt) gespickt sei.

Die vielleicht größte Barriere für NFT-Bemühungen in PC-Spielen dürften die Richtlinien von Steam sein, das den Anbietern üblicherweise recht wenige Auflagen macht. Betreiber Valve aktualisierte diese gegen Jahresende 2021 und implementierte dabei ein Verbot für Spiele, in denen NFTs oder Kryptowährungen gehandelt werden. Zu den Gründen schwieg man bisher allerdings.

Spieler wie Kee und andere wollen sich weiter gegen NFTs in Games starkmachen. "E"s gibt mir ein gutes Gefühl, dass sich jeder dagegen ausspricht", sagt er zur "New York Times. "In den letzten zehn Jahren haben wir alle möglichen Vorhaben wie dieses gesehen, und wir haben einfach die Schnauze voll." (gpi, 18.1.2022)