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Ein Pechvogel wie er im Buche steht: Donald Duck.

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Ein bekennender Donaldist: Bundespräsident Alexander Van der Bellen ließt am Opernball das Lustige Taschenbuch.

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Auch Donald und Daisy haben den Wiener Staatsball bereits besucht.

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Nein, sie haben nichts, aber auch schon gar nichts mit Donald Trump zu tun. Das würden sich die Donaldisten wohl auch schwer verbitten, in einem Atemzug mit dem ehemaligen US-Präsidenten genannt zu werden. Deren Donald ist zwar durch eine ähnlich orange Farbe wie Trumps Haargewusel am Kopf gekennzeichnet, allerdings am anderen Ende seiner Entenfigur, den Watschelfüßen.

Donald Duck, dieses wandelnde Unglück auf zwei Beinen aus Entenhausen, hat ganze Generationen von Comicfans bis heute mitleiden lassen. "Dieser Donald ist so unglaublich menschlich, eine Ente wie du und ich", schmunzelt Christian Wessely, Grazer Professor für Fundamentaltheologie an der Universität Graz und nebenberufliches wissenschaftliches Mitglied der 1977 in Hamburg gegründeten D.O.N.A.L.D. (Deutsche Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus, Anm.). Deren Hauptbetätigungsfeld: die Duck-Forschung.

Der ewige Pechvogel

Was immer Donald anpackt, geht schief, fast jede Arbeit endet im Fiasko, so bleibt die Hängematte der letzte einigermaßen sichere Rückzugsort. Sein Pech, das an ihm klebt, die Wutanfälle, die folgen, seine wahnwitzigen Einfälle, die ständige Geldnot und die Neigung zur Großmaulsucht, die ihn stets in Bedrängnis bringt, all diese so menschlichen Schwächen machten ihn zum wohl allzeit größten Comichelden.

Donald Duck hat eine große Anhängerschaft. Ihn gibt es nicht nur auf Papier, sondern auch aus Plastik.
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Diese Donald-Idylle hatte Max Horkheimer und Theodor W. Adorno aber so gar nicht gefallen, wie sie schon 1944 in den philosophischen Fragmenten der Dialektik der Aufklärung angemerkt hatten. "Trickfilme hämmern die alte Weisheit in aller Hirne, dass die kontinuierliche Abreibung, die Brechung allen individuellen Widerstandes die Bedingung des Lebens in dieser Gesellschaft ist. Donald Duck in den Cartoons wie die Unglücklichen in der Realität erhalten ihre Prügel, damit die Zuschauer sich an die eigenen gewöhnen."

Erhaltung der Werke

Aber Horkheimer und Adorno zum Trotz boomen die Lustigen Taschenbücher (LTB) des legendären Carl Barks nach wie vor. Vor allem im deutschsprachigen Raum, wo der kommerzielle Erfolg eng mit der Übersetzerin Erika Fuchs verbunden ist. "Im Grunde geht es der Gesellschaft der Donaldisten ja um die Erhaltung der authentischen Werke von Carl Barks und Erika Fuchs. Gerade Fuchs zitierte nicht nur Klassiker von Shakespeare bis Schiller, sondern brachte in ihren genialen Übertragungen eine eigene Sprachdimension und großen Sprachwitz ein", sagt Wessely. Sein Donald-Erweckungserlebnis war die Cartoonstory "Die Familie Duck auf Nordpolfahrt", ein Klassiker, der ihn in seiner späten Kindheit unrettbar ins Duck-Universum zog. Heute – um alle Duckhefte von 1951 bis 2015 reicher – widmet sich Wessely als D.O.N.A.L.D.-Fachexperte der wissenschaftlichen Betrachtung der Enten- und Erpelrealitäten. Wessely sagt übrigens wörtlich "Duck" mit "u" und nicht "Dack".

"Es geht uns um Forschung, um die wissenschaftliche Analyse und Betrachtung des Universums Entenhausen, der Welt von Donald Duck, Dagobert Duck, des Erfinders Daniel Düsentrieb und des ewigen Glückspilzes und Gegenspielers Donalds, Gustav Gans. Natürlich mit einem großen Augenzwinkern", sagt Wessely, mittlerweile Ehrenmitglied der Akademie der donaldischen Wissenschaften.

Kritik wegen "Zensur"

Hinter all den akademischen Arbeiten stehe auch ein ernster wissenschaftskritischer Aspekt. "Der Donaldismus zeigt uns, dass wir bei formal sauberer wissenschaftlicher Arbeit auch bei völlig abwegigen Themen zu validen Ergebnissen kommen können. Das heißt, auch, dass wissenschaftliches Arbeiten nichts über Wahrheit aussagt, sondern dass man mit wissenschaftlichen Methoden, egal wie sinnhaft oder wahr der Untersuchungsgegenstand ist, zu wissenschaftlich abgesicherten Ergebnissen kommen kann – was letztlich auch ein Schlaglicht auf den Wissenschaftsbetrieb wirft", sagt Wessely im Gespräch mit dem STANDARD. Aber: "Es ist natürlich ein pures Vergnügen, sich auf das Duck-Universum einzulassen."

Der Grazer Fundamentaltheologe Wessely hat im "Zentralorgan" der Donaldisten, "Der Donaldist", das Entenhausener Münster, diese gotische Kathedrale, wissenschaftlich untersucht, von der es im Cartoon heißt, sie sei zwar "so groß" wie der Stephansdom in Wien, "nur nicht ganz so schön". Für diese Arbeit hatte Wessely den Professor-Püstele-Preis erhalten. Benannt nach dem Entdecker der grauen würfeligen Eier aus dem peruanischen Hochland.

Das Wort "Bleichgesicht" soll nicht mehr im Lustigen Taschenbuch vorkommen.

Für erhebliche Aufregung innerhalb der Donaldisten-Szene sorgen zurzeit Bemühungen des Egmont-Ehapa-Verlags, die Texte von Erika Fuchs zeitgemäß "anzupassen". Wörter wie "Indianer", "Zwerg", "Eingeborener" oder "Bleichgesicht" sollen nicht mehr aufscheinen. Gegen Zensurversuche, wie sie sagen, haben die Donaldisten eine Petition gestartet. Die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek unterstützt den Protests "gegen die Schändung der göttlichen Erika Fuchs", wird sie in der "Faz" zitiert.

Auch Bundespräsident Alexander Van der bellen bleibt bekennender Donaldist. Sogar auf dem Opernball vertrieb er sich die Zeit mit der Lektüre des Donald-Taschenbuchs.

Eine große Verneigung vor dem kleinen Erpel kommt vom Maler Gottfried Helnwein: "Von Donald Duck habe ich mehr gelernt als von allen Schulen, in denen ich war." (Walter Müller, 18.1.2022)