Poroschenko hat in der Ukraine noch zahlreiche Anhänger.

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Inmitten des immer unberechenbarer werdenden Konflikts mit Russland lässt die Ukraine nun auch noch durch innenpolitische Scharmützel aufhorchen. Die Ankunft von Ex-Präsident Petro Poroschenko, der am Montag von Warschau nach Kiew flog, wo ihm ein Prozess wegen Hochverrats droht, geriet zum Medienereignis. Die oft beschworene Einheit angesichts der Angst vor einem russischen Angriff blieb vorerst auf der Strecke.

Poroschenko ist einer der reichsten Männer der Ukraine. Sein Vermögen hat er unter anderem mit seinem Süßwarenkonzern gemacht, was ihm auch den Spitznamen Zuckerbaron einbrachte. Nachdem 2014 im Zuge der prowestlichen Maidan-Proteste der damalige Präsident Wiktor Janukowitsch aus dem Amt gejagt worden war, wurde Poroschenko zum neuen Staatsoberhaupt gewählt. 2019 verlor er die Wahl gegen den Quereinsteiger und aktuellen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der in seiner Kampagne vor allem gegen die Korruption im Land zu Felde gezogen war.

Umstrittenes Kohlegeschäft

Die Vorwürfe, die nun gegen Poroschenko erhoben werden, haben auch mit dem Konflikt in der Ostukraine zu tun. Denn obwohl der Ex-Präsident politisch als Repräsentant einer prowestlichen Ausrichtung galt, betreffen sie eine angebliche Unterstützung für prorussische Separatisten im Donbass: 2014 und 2015 soll sich der Oligarch am illegalen Verkauf von Kohle durch die Separatisten beteiligt und so zu deren Finanzierung beigetragen haben.

"Erfindung Selenskyjs"

Poroschenko weist das entschieden zurück. Die Vorwürfe, mit den Separatisten Geschäfte gemacht zu haben, seien eine Erfindung Selenskyjs. Kurz vor Weihnachten hatte die ukrainische Nachrichtenplattform Ukrinform berichtet, Poroschenko habe sich aus Polen gemeldet, wo er gerade "auf Dienstreise" sei. Zu diesem Zeitpunkt stand er offiziell bereits im Verdacht, zu den "Aktivitäten von Terrororganisationen beigetragen" zu haben. Trotz der Anschuldigungen plane er eine Heimkehr nach Kiew bis Mitte Jänner, erklärte Poroschenko damals.

Am Montag wurde er von fahnenschwenkenden Anhängern am Kiewer Flughafen empfangen. Es gelte nun, "die Ukraine zu einen und zu schützen", rief Poroschenko den Menschen zu. Den Grenzschutzbeamten warf er vor, sie hätten ihm seinen Pass abgenommen.

Kritik gibt es auch in die Gegenrichtung: Eine Behördensprecherin gab an, Poroschenko habe sich vor Ort geweigert, Prozessunterlagen in Empfang zu nehmen, und habe Anweisungen der Staatsanwaltschaft ignoriert. (Gerald Schubert, 17.1.2022)