Neuanfang.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Die Wiener Austria hat am Montagabend einen Schritt aus der wirtschaftlichen Misere getan. Die ordentlichen Mitglieder des Vereins stimmten im Rahmen einer Generalversammlung einstimmig dem Verkauf von 40 Prozent der Anteile der AG an eine Investorengruppe zu. Die Gremien des Traditionsklubs hatten sich bereits zuvor über die Vertragsmodalitäten geeinigt. Zehn Millionen Euro ist der Deal wert, er soll der Austria vorerst das Überleben sichern.

Die frohe Kunde überbrachte auch ein Mann, der die sportliche Geschicke des Vereins nachhaltig mitlenken soll. Jürgen Werner ist Teil der "Viola Investment GmbH – Freunde der Austria". "Wir haben die Austria jetzt aus dem Koma erweckt, aber sie ist immer noch ein Intensivpatient", meinte Werner im Rahmen einer Pressekonferenz. Der ehemalige Vizepräsident des LASK soll künftig als Sportvorstand die Geschicke mitlenken.

Vorerst ist der ehemalige Spielerberater allerdings von der Bundesliga gesperrt, im vergangenen Juni fasste Werner wegen Verstößen gegen Ligabestimmungen eine 18-monatige Funktionssperre aus. Diese hat der 60-Jährige angefochten. "Ich werde vorerst als Berater auftreten. Ich hoffe, das ich einen positiven Bescheid bekomme, und dann kann das Abenteuer beginnen", sagte Werner am späten Montagabend an der Seite der Klubspitze. Mit Blick auf den neben ihm sitzenden Manuel Ortlechner merkte Werner aber dezidiert an, dass er nicht den "sportlichen Obergscheitl" spielen wolle.

Alaba hilft mit

Ansonsten sind in der Viola GmbH keine unbekannten Akteure am Werk. Das Präsidium um Präsident Frank Hensel und Vize Raimund Harreither ist vertreten, dazu kommen Sympathisanten wie der mit violetten Wurzeln ausgestattete Real-Star David Alaba. Er ließ sich von seinem Vater George vertreten und meldete sich via Video bei den Anhängern.

Hensel berichtete von einer "sehr intensiven, aber konstruktiven Mitgliederversammlung". Der Antrag wurde ohne Gegenstimmen angenommen, es gab lediglich einige wenige Enthaltungen. Laut Hensel könne der Verein nun nach vorn blicken. "Das ist der Beginn einer neuen Ära", meinte der Präsident der Favoritner.

Finanzielle Trendwende bis 2023 geplant

Angesichts eines negativen Eigenkapitals von über 19 Millionen Euro und Verbindlichkeiten von über 79 Millionen Euro wäre alles andere als die Zustimmung der Mitglieder eine Überraschung gewesen. Als Alternative wäre aller Voraussicht nach eine Insolvenz angestanden. Vorstand Gerhard Krisch merkte an, dass nun operative Projekte aufgesetzt würden, um Kosten zu sparen und die Erlöse zu steigern. 2022/23 soll der Verein bereits positiv bilanzieren. "Das ist das ganz klare Ziel."

Jürgen Werner hat mit der Austria viel vor.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Werner rechnete vor: 13,5 Millionen Euro würde der Verein in den nächsten zwei Jahren bis Ende 2023 benötigen. Zehn davon sind durch den Verkauf von 40 Prozent der AG-Anteile an die Viola GmbH gedeckt. Weitere 2,5 Millionen Euro sollen jene 9,9 Prozent bringen, die bis zur maximal zulässigen Grenze von 49,9 Prozent noch zu haben sind. Die dann noch fehlende Million muss anderwärtig aufgetrieben werden.

Wie Hensel ausführte, sei die GmbH offen für neue Gesellschafter. Es würden schon Gespräche geführt. "Wir versuchen, das relativ zügig umzusetzen", sagte der gebürtige Deutsche. Mehr als 50 Prozent ihrer AG-Anteile kann die Austria laut Ligastatuten nicht verkaufen. Das Kippen der 50+1-Regelung werde vom Verein auch nicht angestrebt, betonte Hensel. "Das ist Sache der Bundesliga. Wie jeder Verein der ersten und zweiten Liga werden wir uns da nach der Liga richten." Eine solche Neuerung stufte der Austria-Präsident prinzipiell "in weiter Ferne" ein.

Werner will "noch einmal beweisen, dass ich es kann"

Werner soll jedenfalls dafür stehen, dass die Wiener auf dem Spielermarkt ein gutes Händchen beweisen. Die Qualitäten des Ex-Nationalspielers werden geschätzt. Vier Investorengruppen hätten sich für die Austria interessiert, von zweien sei er kontaktiert worden, ob er bei den Wienern sportliche Verantwortung übernehmen will. Schlussendlich, verriet Werner, habe er seine Partner davon überzeugt, mit einer eigenen Gruppe einzusteigen. Ein Punkt sei auch das eigene Ego gewesen. "Ich will es noch einmal beweisen, dass ich es kann", sagte das ehemalige LASK-Mastermind. Zu den Linzern sind die Kontakte nach der Causa um unvereinbare Paralleltätigkeiten ruhend gestellt.

Dass Werner die Austria nicht kennt, darf bestritten werden. Als Aktiver habe ihn der legendäre Klubchef Joschi Walter einst zweimal zu den Violetten lotsen wollen. Ihm sei die Konkurrenz mit Herbert Prohaska und Co aber zu groß gewesen. Als Spielerberater wurde Werner ein enger Draht zum ehemaligen Austria-Sport-Vorstand Thomas Parits nachgesagt. Auch wenn Werner aufgrund seiner jüngsten Schlagzeilen vom einen oder anderen Mitglied kritisch beäugt wird, so ist seine Expertise nicht ungern gesehen. Von allein werde es jedoch nicht gehen, betonte er: "Ein Jürgen Werner kann nicht die Hand auflegen und dann ist die Austria wieder die, die sie einmal war. Es wird eine schwere Aufgabe."

Huskovic verlängert

Erleichtern soll diese unter anderem Muharem Huskovic. Der Nachwuchs-Teamstürmer verlängerte seinen Vertrag bis 2025. Der 18-jährige Offensivspieler kickte bereits für die U15-Mannschaft der Veilchen und etablierte sich im vergangenen Herbst im Profiteam. Huskovic schaffte es auch ins österreichische U21-Nationalteam.

"Diese Verlängerung, auch über diesen Zeitraum, ist eine klare Botschaft, wie attraktiv dieser neue, progressive Austria-Weg für junge Spieler ist – intern wie extern", sagte Sportdirektor Ortlechner. An Huskovic sollen einige Vereine Interesse gezeigt haben, nachdem sein Vertrag ursprünglich im Sommer ausgelaufen wäre. Bei den Gesprächen war auch Werner bereits involviert. (APA, red, 17.1.2022)