Die Waldregionen im Süden Österreichs und im Norden Italiens waren vom Sturm Vaia besonders betroffen. In Osttirol wurden acht Mio. Kubikmeter an Holzbeständen zerstört.

Foto: Imago / Christian Heilwagen

Ende Oktober 2018 kam es im Grenzgebiet von Österreich, Italien und der Schweiz zu einem ungewöhnlichen Wetterereignis. Ein Tiefdruckgebiet brachte ausgehend vom westlichen Mittelmeer extreme Niederschläge in die Region. An einigen Orten kamen in 24 Stunden Regenmengen zusammen, die etwa einem Fünftel des Jahresniederschlags von Wien entsprechen.

Aufgrund der für die Jahreszeit sehr hohen Temperaturen lag die Schneefallgrenze in höheren Regionen, besonders viel Niederschlag fiel also als Regen. Es kam zu Hochwasserereignissen, die statistisch gesehen nur alle hundert Jahre wiederkehren. Sturmböen schlugen zudem großflächige Schneisen in die Wälder der Region. Vaia, wie das Sturmtief getauft wurde, wütete sieben Tag lang und forderte zwölf Menschenleben. Die entstandenen Schäden wurden auf mehr als drei Milliarden Euro geschätzt. Ein vergleichbares Ereignis gab es in dieser Region zuletzt 1966.

Vaia wurde zu einem der Ausgangspunkte für das 2021 gestartete EU-Projekt Trans-Alp. Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) – eine Forschungseinrichtung des Wissenschaftsministeriums – und das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) arbeiten hier mit Partnern in Italien zusammen, um die grenzübergreifende Region auf künftige Sturmereignisse dieser Art – die unter den Bedingungen des Klimawandels künftig häufiger auftreten könnten – besser vorzubereiten. Neue Methoden der Risikoabschätzung sollen zur Verbesserung präventiver Maßnahmen führen, die für resilientere Infrastrukturen sorgen.

Extremereignisse

In einem ersten Schritt haben Katharina Enigl und Klaus Haslinger von der Fachabteilung Klimasystem und Klimafolgen der ZAMG mit Kollegen und Projektpartnern eine einheitliche Ereignisdatenbank eingerichtet. "Wir haben eruiert, welche meteorologischen Extremereignisse es seit 1980 – nur bis dahin reichen die Südtiroler Datensätze zurück – in der Grenzregion gab", erklärt Enigl.

15 außergewöhnliche Ereignisse wurden identifiziert. Sie konnten daraufhin mit den jeweiligen Schäden in Zusammenhang gebracht werden, die in Österreich aus Dokumentationen der ZAMG und der Wildbach- und Lawinenverbauung stammen. "Wir können nun also für die betrachtete Region Schadensfälle mit der lokalen Wetterentwicklung in Zusammenhang bringen", sagt Enigl. 2018 waren etwa die Wälder Osttirols besonders betroffen. Etwa acht Millionen Kubikmeter an Holzbeständen wurden zerstört.

Verschiedene Szenarien

Während so die Vergangenheit zeigt, welche "meteorologischen Sequenzen" zu hohen Schäden führen, soll der Abgleich mit Klimaprognosen eine Ahnung davon vermitteln, wo und wie oft diese in Zukunft zu erwarten sind. "Wir stellen uns die Frage: Wie oft werden die ermittelten meteorologischen Bedingungen bestenfalls und im schlechtesten Fall auftreten?", sagt Enigl.

Als Grundlage wurden verschiedene Modellrechnungen des Weltklimarats IPCC verwendet: einerseits jene, die das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens nachvollziehen, andererseits ein Worst-Case-Szenario, das eine durchschnittliche Erwärmung von vier bis fünf Grad bis 2100 annimmt.

Wetterwahrscheinlichkeit

Die Schwierigkeit ist nun, die lokalen kurzfristigen Wetterereignisse mit den langfristigen und großräumigen Klimaberechnungen in Zusammenhang zu bringen. "Die globalen Klimamodelle haben eine grobe Rasterauflösung von 100 Kilometern, die zuerst auf eine bedeutend niedrigere Auflösung heruntergerechnet werden müssen", erklärt Enigl.

Hier wird nun untersucht, wie hoch unter den jeweiligen klimatischen Rahmenbedingungen die Wahrscheinlichkeit für die sehr schadensintensiven Konstellationen ist. "Wir analysieren die Vergangenheit und suchen nach Analogien in den Zukunftsszenarien", resümiert Haslinger. "Manche Effekte sind dabei durchaus schwer darstellbar: Wenn nach zwei trockenen Jahren der Wald geschwächt ist, reicht vielleicht schon ein schwächeres Sturmereignis, um hohe Schäden zu verursachen."

Am Ende des Projekts soll eine Anwendung stehen, die Vulnerabilität und Risikostufen auf einer virtuellen Landkarte verortet. Auf dieser Basis sollen dann Entscheidungen zu Präventionsmaßnahmen getroffen werden – beispielsweise der Ausbau von Straßen oder die Sicherung von Hängen, von denen eine Murengefahr ausgeht. (Alois Pumhösel, 23.1.2022)