Das Ende ist nah: Die Entwicklung der "Stopp Corona"-App wird eingestellt.

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Einst als ein entscheidendes Mittel im Kampf gegen die Ausbreitung von Covid-19 präsentiert, kommt nun das Aus: Die "Stopp Corona"-App wird nicht mehr weitergeführt. Das bestätigt das Gesundheitsministerium gegenüber dem STANDARD. Mit Ende Februar laufe die Finanzierung der App aus, eine Weiterführung sei "aus aktueller Sicht nicht vorgesehen", heißt es. Als erstes hatte die Tageszeitung Die Presser über das nahende Ende berichtet.

Mangelnde Nutzung

Der Grund dafür ist recht simpel: Die App wurde zuletzt immer weniger genutzt, wodurch sie auch für die verbliebenen User kaum mehr etwas bringt. Immerhin hängt die Effektivität der elektronischen Kontaktnachverfolgung mithilfe des Smartphones massiv davon ab, wie weit verbreitet die Nutzung ist. Beim Ministerium verweist man darauf, dass es mittlerweile andere Instrumente wie den grünen Pass gebe, der auch deutlich besser angenommen werde.

Betrübt zeigt man sich über diesen Umstand bei jener Organisation, die die Entwicklung einst initiiert hatte. Man bedauere die Einstellung sehr, heißt es vonseiten des Roten Kreuzes. Denn auch wenn "Stopp Corona" nicht der erhoffte große Erfolg gewesen sei, hätten doch in Summe über 17.000 Personen auf diesem Weg ihre Kontakte gewarnt – und so dabei geholfen, die Verbreitung von Covid-19 einzuschränken.

Vorgeschichte

Die Entwicklung der App war von Anfang an von Kontroversen begleitet. Für die größte Aufregung sorgte dabei wohl, als aus ÖVP-Kreisen eine verpflichtende Nutzung ins Spiel gebracht wurde. Solchen Ideen wurde zwar rasch von sämtlichen Beteiligten eine Abfuhr erteilt, der Imageschaden war damit aber angerichtet.

Dass Österreich bei der Entwicklung im internationalen Vergleich ausnahmsweise einmal sehr früh dran war – eine erste Version erschien bereits im März 2020 und damit mitten im ersten großen Lockdown –, sollte sich schlussendlich ebenfalls als Nachteil herausstellen. Technische Probleme sowie konzeptionelle Schwachstellen sorgten dafür, dass die App zunächst nur sehr begrenzt funktionierte, dafür aber potenziell aus einer Privatsphärensicht problematisch war.

Diese Defizite wurden zwar spätestens mit dem Umstieg auf eine von Apple und Google gemeinsam entwickelte Softwarebasis ausgeräumt, aber auch hier hatte sich bereits der öffentliche Eindruck verfestigt. Da half auch nicht mehr, dass der Quellcode veröffentlicht und so für alle überprüfbar gemacht wurde und dass es von Datenschützern explizites Lob für die technische Umsetzung gab.

Offen Fragen zur realen Effektivität

Ein gewisser Zweifel an der Effektivität der App blieb allerdings bis zuletzt. So hatten Studien gezeigt, dass das Contact-Tracing mit Bluetooth gerade in jenen Situationen kaum funktioniert, wo es am dringlichsten wäre – etwa bei der Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln. Gerade bei hochinfektiösen Covid-19-Varianten wie Omikron stellt sich zudem die Frage, ob das Warnsystem überhaupt noch schnell genug ist, um eine echte Hilfe darzustellen – aber auch ob es nicht zu viele Falschmeldungen in einer Lage produziert, wo die Bevölkerung ohnehin schon generell höchste Vorsicht walten lässt und Kontakte vermeiden sollte.

Entwickelt wurde die App übrigens weitgehend von der Softwarefirma Accenture im Auftrag des Roten Kreuzes. Die Finanzierung stammte dabei zunächst aus einer Spende der Uniqa-Privatstiftung, danach gab es Förderungen sowohl von der EU als auch dem Gesundheitsministerium, insgesamt vier Millionen Euro waren so in Summe für das Projekt vorgesehen.

Vergleiche

In anderen Ländern war man mit entsprechenden Apps zumindest etwas erfolgreicher: So wird die deutsche "Corona Warn"-App bis heute aktiv entwickelt, auch die Nutzungszahlen sind wesentlich höher. Apropos: Wer das elektronische Contact-Tracing um jeden Preis weiterbetreiben will, der könnte ruhig auch die deutsche App nutzen. Immerhin benutzen beide die gleiche Softwarebasis, sind also untereinander kompatibel. Ob deren Einsatz in Österreich sinnvoll ist, wenn das im Umfeld kaum mehr jemand nutzt, ist natürlich eine andere Frage.

Wie geht es weiter?

Abzuwarten gilt es, was das "Ende" der "Stopp Corona"-App in der Praxis bedeuten wird. Immerhin heißt die Einstellung der Förderung noch nicht, dass die App damit von einem Tag auf den anderen nicht mehr funktioniert. Wie hier der genaue zeitliche Ablauf sein wird, stehe noch aus, betont das Rote Kreuz.

Zudem verweist man darauf, dass die App Open Source ist, also andere Entwickler theoretisch darauf aufbauen könnten. Das ist zwar richtig, aber auch hierfür bräuchte es die Unterstützung des Gesundheitsministeriums, da Apple und Google nur offiziellen Gesundheitsbehörden überhaupt Zugriff auf die eigenen Schnittstellen zur Kontaktnachverfolgung geben. (Andreas Proschofsky, 19.1.2022)